Testen ist ein zentraler Baustein der Öffnungsstrategie, und zwar nicht nur in Schulen und Kitas. Auch Unternehmen sollen ihren in Präsenz Beschäftigten das Angebot auf mindestens einen kostenlosen Schnelltest pro Woche machen und wenn möglich eine Bescheinigung über das Testergebnis ausstellen. So sieht es der Beschluss der Bund-Länder-Konferenz vom 3. März vor. Für die Angestellten sind die Schnelltests aber nur ein Angebot und keine Pflicht, oder? Können Mitarbeiter:innen verpflichtet werden, sich zu testen?
Schlittern wir gerade mit frischer Frisur und nach ersten Shoppingtouren in den dritten Lockdown? Die Zahl der Neuinfektionen steigt und die Mutation B.1.1.7 scheint das Infektionsgeschehen zu bestimmen. Die dritte Welle steht bevor und „es gibt in Europa noch nicht genug Impfstoff, um die dritte Welle zu stoppen“, so Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Freitag. Umso wichtiger ist es, Infektionsketten zu unterbrechen und das Infektionsgeschehen einzudämmen. Hier kommen die Tests ins Spiel. Zwar sind laut Coronavirus-Testverordnung § 4 „Testungen zur Verhütung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2“ für einige Unternehmen vorgeschrieben, aber für die asymptomatischen Angestellten besteht keine Pflicht, sondern nur ein Anspruch auf Testung.
Auch wenn Testungen die Sicherheit im Team erhöhen und die Ansteckungsgefahr eindämmen können, können Arbeitnehmer:innen ihre Angestellten nicht verpflichten, sich testen zu lassen, sagt Arbeitsrechtsexpertin Inka Müller-Seubert gegenüber APOTHEKE ADHOC. Auch die Einführung einer allgemeinen Testpflicht am Arbeitsplatz wäre demnach rechtlich nicht zulässig.
„Die Arbeitgeber sind zwar verpflichtet, Tests zur Verfügung zu stellen, dürfen von ihren Arbeitnehmern aber keine anlasslose Durchführung von Schnell- oder Selbsttests verlangen“, sagt Müller-Seubert. Entscheidend ist hier das Wort „anlasslos“. Das bedeutet: Ohne eine konkrete Gefährdung der anderen Kolleg:innen sei eine allgemeine Testpflicht am Arbeitsplatz unverhältnismäßig, solange die übrigen Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden.
„Derzeit fehlt eine spezifische Rechtsgrundlage, die eine solche Verpflichtung der Arbeitnehmer vorsieht. Nirgendwo ist geregelt, dass das erlaubt ist“, sagt Müller-Seubert. „Daher ist auf die allgemeinen Rechtsgrundlagen zurückzugreifen, insbesondere auf die Datenschutz-Grundverordnung und das Bundesdatenschutzgesetz.“
Anders sehe es aus, wenn ein berechtigter Verdacht besteht. Aber auch dann komme es auf die Umstände an. „Wenn ein Arbeitnehmer beispielsweise typische Corona-Symptome hat, kann sich der Arbeitgeber auf seine Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Angestellten berufen“, erklärt Müller-Seubert. Das heißt: Der/die betroffene Kolleg:in müsste vom Team isoliert, also beispielsweise ins Homeoffice geschickt werden. Besteht diese Möglichkeit nicht, könnte der Chef von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen und die Durchführung eines Tests verlangen und diesen auch zur Verfügung stellen. Wollen sich Angestellte auch dann nicht testen lassen, bestehe die Möglichkeit, die Annahme der Arbeitsleistung zu verweigern, also den/die Mitarbeiter:in unbezahlt nach Hause zu schicken.
Auch an Schulen sind die Schnelltests keine Pflicht, sondern freiwillig. Das Testangebot mit Laientests muss von den Schüler:innen nicht angenommen werden.
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