Schlucken statt spritzen: Amycretin als neue „Abnehmpille“?
Wirkstoffe wie Tirzepatid, Semaglutid und Liraglutid werden als effektive Abnehmhelfer gefeiert und oftmals off-label zum schnellen Gewichtsverlust genutzt. Die Verabreichung erfolgt in der Regel per Injektion. Novo Nordisk will nun womöglich eine Alternative zu Ozempic und Co. auf den Markt bringen – eine „Abnehmpille“ mit dem Wirkstoff Amycretin.
Wie der Hersteller bei der Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes informierte, wird aktuell intensiv an einer oral einzunehmenden Alternative zu den gehypten „Fett-weg-Spritzen“ geforscht. Nun liegen die Ergebnisse einer Phase-I-Studie am Menschen zu einer vermeintlichen neuen „Abnehmpille“ vor. Enthalten ist der Wirkstoff Amycretin, eine Kombination aus einem Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1)-Rezeptoragonisten und einem Amylin-Rezeptoragonisten. Dieser konnte bei täglicher Einnahme über einen Zeitraum von drei Monaten zu einem Gewichtsverlust von 13 Prozent führen, heißt es von den Autor:innen.
Wirkstoffcheck
Amylin ist ein im Pankreas gebildetes Peptidhormon, das ebenso wie GLP-1 an der Appetitregulation beteiligt ist. Genau wird das Sättigungsgefühl verstärkt und die Magenentleerung verzögert. Zudem soll das Peptidhormon gemeinsam mit Insulin dazu beitragen, die Blutzuckerwerte zu stabilisieren. Der genaue Wirkmechanismus ist nicht abschließend geklärt. Vermutlich wird jedoch die Glucagon-Abgabe durch Amylin gehemmt und somit die Glucosefreisetzung aus der Leber unterdrückt.
GLP-1 wird im Darm gebildet und ist ein Peptidhormon aus der Gruppe der Inkretine, das an der Regulierung des Glukosestoffwechsels beteiligt ist. Genau sorgt das Hormon für eine Stimulation der glukoseabhängigen Insulinsekretion in der Bauchspeicheldrüse. Hinzu kommen eine Senkung des Appetits und eine Verzögerung der Magenentleerung.
Übrigens: In den USA hält mit Pramlintid ein Amylin-Analogon die Zulassung zur Behandlung von Diabetes.
Abnehmpille: Amycretin sorgt für 13 Prozent Gewichtsverlust
Untersucht wurde, wie sich die Einnahme von einmal täglich 50 mg oder zweimal täglich 50 mg Amycretin auf das Gewicht auswirkt. Dabei erhielten die erwachsenen Teilnehmenden, die alle einen Body-Mass-Index (BMI) zwischen 25,0 und 39,9 kg/m2 hatten, aber keine Diabeteserkrankung aufwiesen, entweder die Abnehmpille oder ein Placebo.
Das Ergebnis: Die Einnahme von Amycretin sorgte wenig überraschend für einen effektiveren Gewichtsverlust. Genau reduzierte sich das Körpergewicht bei einer einmal täglichen Gabe um rund 10 Prozent, während es bei zweimal 50 mg täglich 13 Prozent waren. Bei bis zu 80 Prozent der Teilnehmenden kam es zudem zu einer Appetitreduktion.
Dabei gaben die Autor:innen zu bedenken, dass ein weiterer Gewichtsverlust über eine längere Einnahmedauer möglich ist. Mehr noch: In puncto Sicherheit und Verträglichkeit erzielte die Abnehmpille gute Ergebnisse. So fielen Nebenwirkungen meist leicht bis moderat aus und beschränkten sich in der Regel auf gastrointestinale Beschwerden – ähnlich wie bei Semaglutid und Co.
Derzeit wird Amycretin als neue Abnehmpille in weiteren Studien untersucht, um Sicherheit und Wirkpotenzial genauer beurteilen zu können.
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