Rx-Präparat „wieder lieferbar“ = unzulässige Werbung?
Lieferengpässe stehen in der Apotheke an der Tagesordnung – aktuell fehlen mehrere hundert Arzneimittel. Gibt es Nachschub, stellt sich die Frage, ob Apotheken Patient:innen darüber informieren dürfen. Denn vor allem bei verschreibungspflichtigen Medikamenten wird es knifflig. Stichwort Werbeverbot. Doch ist der Hinweis „wieder lieferbar“ bei einem Rx-Präparat bereits unzulässige Werbung?
„Für verschreibungspflichtige Arzneimittel darf nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden“, heißt es in § 10 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Apotheken dürfen also nicht gegenüber Kund:innen für rezeptpflichtige Arzneimittel werben. Doch was genau gilt als – unzulässige –Werbung? Genügt dafür schon der Hinweis „wieder lieferbar“ bei einem Rx-Präparat? Die Antwort kommt vom Landgericht Hannover.
Im vorliegenden Fall wurde eine Apotheke verklagt, die auf ihrer Website mit dem Hinweis warb, dass die von ihr vertriebene Strophantus-Tinktur „jetzt wieder lieferbar“ sei. Darin sah die Wettbewerbszentrale einen Verstoß gegen das HWG. Der Grund: Der Hinweis war in einem Blogbeitrag zu finden, der Teil des Webauftrittes der eigenen Versandapotheke ist. Die Apotheke weigerte sich jedoch, den Hinweis von der Internetseite zu entfernen. Der Streit landete vor Gericht und das entschied im nun rechtskräftigen Urteil zugunsten der Wettbewerbszentrale.
Strophanthin ist ein Herzglykosid, das sich positiv auf die Kontraktionskraft des Herzens auswirken soll. Der Wirkstoff hemmt die Natrium-Kalium-ATPase sowie die Erregungsleitung und senkt die Herzfrequenz. Strophanthin ist in Anlage 1 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) gelistet und gilt somit als verschreibungspflichtig.
„Wieder lieferbar“ = unzulässige Werbung für Rx-Präparat?
Demnach entspreche die Formulierung „wieder lieferbar“ beim entsprechenden Rx-Präparat generell dem Grundsatz der Verkaufsförderungsabsicht. Denn es sei davon auszugehen, dass Kund:innen, die sich auf der Website über die Wiederverfügbarkeit informieren, auch gleich ihren Bedarf über die Versandapotheke decken würden.
Generell ermögliche der Europäische Gerichtshof zwar Ausnahmen von § 10 HWG, dies gelte jedoch nur für eine wortwörtliche neutrale Wiedergabe von Fach- und Packungsinformationen, für Informationen, die nur zugänglich sind, wenn sich aktiv darum bemüht wird sowie für behördlich genehmigte Zusammenfassungen zu den Merkmalen eines Arzneimittels.
Dies treffe im entsprechenden Fall aber nicht zu, da die bereitgestellten Informationen darüber hinaus gingen. Denn die Apotheke klärte in ihrem Blog umfassend über Standardrezepturen und Medikamente nach orthomolekularer Therapie von Dr. Nieper auf, in deren Bereich sich auch das entsprechende Präparat einordnen lässt. Hinzu kam ein Hinweis, dass das Produkt über den Shop erworben werden kann.
Merke: Die rein formelle Aussage, wonach ein Rx-Präparat wieder lieferbar ist, kann zulässig sein. Sobald damit Werbe- beziehungsweise Verkaufsabsichten verbunden sind, gilt dies allerdings nicht mehr, stellt das Institut für Wissen in der Wirtschaft klar.
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