Freie Wahl? Der Hochpreiser Remicade kann pharmazeutischem Personal mitunter Schweißperlen auf die Stirn treiben. Denn für den Normbereich 1 gibt es drei verschiedene Packungsgrößen, die bei einigen Kassen allesamt einen Zuschlag erhalten haben. Welche rabattierte Packung darf abgegeben werden?
Remicade (Infliximab 100 mg, MSD) ist in verschiedenen Packungsgrößen auch als Reimport auf dem Markt. Die Packungen zu zwei, drei und vier Stück sind als N1 gekennzeichnet. Die kleinste Packung zu einer Durchstechflasche ist jedoch keinem Normbereich zugeordnet und nur als Reimport im Handel. Außerdem gibt es noch eine Packung zu fünf Stück, die der Normgröße 2 zugeordnet ist.
Was ist das Problem mit der N1?
Die Krankenkassen haben für die einzelnen Packungsgrößen von Remicade Rabattverträge abgeschlossen. Somit gibt es unter Umständen für den Normbereich 1 drei Zuschläge – für zwei, drei und vier Durchstechflaschen. So haben die AOK Bremen, die Barmer, die KKH, verschiedene BKKen und die DAK-Gesundheit Rabattverträge mit dem Originator einen Vertrag. Die Apotheke darf also aus allen rabattierten Packungen frei wählen. Sind nur zwei Stück (AVP 1.482,22 Euro) verordnet, aber nicht lieferbar, dürfen auch vier Stück (AVP 2.926,10 Euro) abgegeben werden. Auch der Rahmenvertrag besagt: „Ist bei einer Verordnung eine N-Bezeichnung angegeben, stehen alle Packungen aus diesem N-Bereich zur Auswahl.“ Vorrang hat stets der Rabattvertrag.
Die IKK Classic hatte beispielsweise vom 1. September bis 30. November nur einen Zuschlag für den Hochpreiser vergeben und zwar an den Importeur Originalis für die Packung zu vier Durchstechflaschen. Hatte der Arzt jedoch Remicade 100, 2 Stück verordnet, musste die Packung zu vier Stück abgegeben werden, da diese rabattiert ist und dem Normbereich zugeordnet werden kann. Denn die identische Packungsgröße im Sinne § 8 „identischer Normbereich“ wird damit erfüllt. Davon unbeachtet blieb, ob der Patient auch wirklich vier Packungen benötigt, beispielsweise weil er erst auf die Therapie eingestellt wird oder gar die Behandlungsoption wechselt.
Bekannt ist dies von Pantoprazol. Denn hier fallen die Packung zu 98 Stück und die zu 100 Stück in den Normbereich 3 und können gegeneinander ausgetauscht werden. Zugegeben, bezogen auf den Preis hinkt der Vergleich.
Die einzige Möglichkeit, den Austausch bei Remicade von zwei auf vier Durchstechflaschen oder umgekehrt zu umgehen, ist das Kenntlichmachen von pharmazeutischen Bedenken.
Anders verhält es sich bei der AOK Bayern. Hier hat der Importeur Abacus nur einen Zuschlag für die Packungsgröße zu zwei Stück. Andere Rabattverträge wurden für Remicade nicht geschlossen. Ist also eine Packung zu vier Durchstechflaschen verordnet, dürfen dennoch nur zwei Stück abgegeben werden, da diese rabattiert sind. Stückelungen sind in diesem Fall problematisch und auch nicht erlaubt, selbst wenn die Abgabe von zwei rabattierten Packungen zu zwei Stück günstiger für die Kasse ist als eine nicht-rabattierte Packung zu vier Stück. Auf der sicheren Seite ist, wer einmal zwei Stück abgibt und ein neues (zweites) Rezept beim Arzt anfordert.
Die AOK Plus Thüringen hat für alle Packungsgrößen von Remicade Haemato einen Zuschlag erteilt – auch für die Packung zu einer Durchstechflasche, die keinem Normbereich zugeordnet ist und nicht zur Auswahl steht. Allerdings sind nicht immer alle rabattierten Packungsgrößen verfügbar, sodass die Apotheke unter Umständen mehr oder weniger Durchstechflaschen als verordnet abgeben muss.
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