Ferienzeit ist Reisezeit – trotz Corona. Zwar können keine fernen Länder bereist werden, aber Touren innerhalb Deutschlands und Europas sind dennoch möglich. Urlaub mit Wohnwagen und Caravan sind in diesem Sommer beliebter denn je. Wer sich auf große Fahrt begibt und nicht reisefest ist, muss unter Umständen mit Reiseübelkeit rechnen – und auf Wechselwirkungen achten, wenn Arzneimittel gegen die Kinetose eingenommen werden.
Der Urlaub ist die schönste Zeit des Jahres. Damit die Freude nicht getrübt wird und schon die Fahrt zum Reiseziel ein Highlight wird und sich nicht der Magen umdreht, greifen Personen, die bekanntermaßen zu Kinetosen neigen, zu einem Arzneimittel. Und das meist schon vorbeugend. Wer allerdings selbst am Steuer sitzt, sollte von chemischen Präparaten mit Dimenhydrinat die Finger lassen – ebenso wie Patienten, die mit Monoaminooxidase (MAO)-Hemmern behandelt werden.
Ganz schön übel
Sind wir mit dem Auto, der Bahn oder dem Schiff unterwegs, befindet sich unser Körper in einem unbeweglichen Raum. Durch das Bremsen und Beschleunigen wird allerdings unser Gleichgewichtsorgan zum Schaukeln gebracht. Der Organismus antwortet darauf mit Übelkeit, Schwindel und Erbrechen. Wenn wir während der Fahrt schlafen, macht auch das Gleichgewichtsorgan eine Pause. Die Augen sind geschlossen und das Gehirn verarbeitet nur einen Sinneseindruck.
Wer sich beim Autofahren auf der Rückbank mit einem Buch oder Spiel die Zeit vertreibt und gegen die Langeweile ankämpft, sorgt im Gehirn zusätzlich für Verwirrung, was Übelkeit zur Folge haben kann.
Wirkstoffcheck: Dimenhydrinat und MAO-Hemmer
Dimenhydrinat ist in verschiedenen Darreichungsformen wie Tablette, Sublingualtablette, Saft, Kaugummi oder Zäpfchen gegen Reisekrankheit, Übelkeit und Erbrechen auf dem Markt. Der Arzneistoff besteht aus zwei Komponenten – Diphenhydramin und 8-Chlortheophyllin. Letzteres wird zugesetzt, um die sedierenden Eigenschaften von Diphenhydramin zu mindern. Dimenhydrinat unterdrückt die Wirkung von Histamin und wirkt so Übelkeit und Erbrechen entgegen. Das H1-Antihistaminikum besitzt außerdem anticholinerge Eigenschaften. Dosiert wird nach Körpergewicht.
MAO-Hemmer werden zur Behandlung von Depressionen und Morbus Parkinson eingesetzt. Die Arzneistoffen hemmen die Monoaminooxidase, die Neurotransmitter wie Dopamin, Serotonin, Adrenalin oder Noradrenalin abbaut, die zu den Monoaminen zählen. Eine Hemmung der MAO geht somit mit einer höheren Neurotransmitterkonzentration im synaptischen Spalt einher. So kann beispielsweise bei antriebslosen depressiven Patienten eine stimmungsaufhellende und antriebssteigernde Wirkung erzielt werden.
Die Stoffklasse kann in verschiedene Arten wie Typ A (MAO-A; Abbau von Serotonin, Noradrenalin, Dopamin) und Typ B (MAO-B; Abbau von Dopamin, Phenylethylamin, Benzylamin) unterschieden werden. Dabei gibt es selektive und nicht selektive Vertreter.
Eine weitere Unterscheidung ist aufgrund der Umkehrbarkeit ihrer Wirkung möglich. Irreversible MAO-Hemmer binden dauerhaft und lassen sich von ihren Bindungsstellen nicht verdrängen – also unumkehrbar –, während reversible MAO-Hemmer nur schwach binden.
Das Problem: Lebensbedrohliche Darmlähmung
Dimenhydrinat und MAO-Hemmer dürfen nicht gemeinsam verabreicht werden. Der Grund: Die gleichzeitige Gabe kann unter Umständen eine lebensbedrohliche Darmlähmung, Harnverhalten oder eine Erhöhung des Augeninnendruckes verursachen. Außerdem sind Blutdruckabfall und verstärkte Funktionseinschränkungen des Zentralnervensystems und der Atmung möglich. „Deshalb darf Dimenhydrinat nicht gleichzeitig mit Hemmstoffen der Monoaminoxidase angewendet werden“, heißt es in der Fachinformation.
Die Lösung
Patienten, die mit MAO-Hemmern behandelt werden und auf Dimenhydrinat verzichten müssen, stehen Alternativen zur Verfügung. So kann auf Kapseln mit Ingwer zurückgegriffen werden. Aber auch Akupressurbänder oder eine homöopathische Behandlung mit Cocculus D6 oder Nux Vomica können der Reiseübelkeit entgegenwirken.
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