Quarantäne? Positiver Corona-Test im Apothekenteam
Plexiglas, Mundschutz und Hygiene können eine SARS-CoV-2-Infektion im Apothekenteam nicht zu 100 Prozent verhindern. Schon ein Verdachtsfall kann für Aufregung und Wirbel unter den Kolleg*innen sorgen und dem Chef die Sorgenfalten ins Gesicht treiben – aber was, wenn sich der Verdacht bestätigt und der Corona-Test positiv ausfällt? Muss dann das ganze Apothekenteam in Quarantäne und die Apotheke zusperren?
Ein positiv auf SARS-CoV-2 getesteter Kollege ist das Horrorszenario in jedem Betrieb und so auch in der Apotheke. Aufgrund der Pandemie setzen einige Apotheken auf den Wechseldienst und haben das Team in feste Schichten, die untereinander keinen Kontakt haben, eingeteilt. Der Vorteil: Sollte ein*e Mitarbeiter*in aus einem Team an Corona erkranken, ist es wahrscheinlich, dass nur die Kolleg*innen des einen Apothekenteams von den Behörden unter Quarantäne gestellt werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass das andere Team den Apothekenbetrieb aufrechterhalten und eine Komplettschließung der Apotheke umgangen werden könnte. Allerdings gilt es zu beachten, dass die Entscheidung über das Ausmaß der Quarantäne alleine die zuständige Behörde, in der Regel das Gesundheitsamt, trifft.
Generell gilt: Bei Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion (wenn Krankheitszeichen bestehen oder Kontakt zu einer positiv getesteten Person bestand), heißt es: zu Hause bleiben, Kontakte einschränken und AHA-Formel einhalten sowie den Arzt informieren, Test durchführen, Gesundheitsamt informieren und solange isolieren, bis ein negatives Testergebnis vorliegt.
Wer trotzdem in der Apotheke zum Dienst erscheint, sollte vom Chef nach Hause geschickt werden. Außerdem ist das zuständige Gesundheitsamt zu informieren.
Tipp: Die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK) empfiehlt, das Gesundheitsamt aufzufordern, das gesamte Team zu testen, sodass nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt der Apothekenbetrieb mit dem negativ getesteten Personal aufrechterhalten werden kann.
Wenn der Corona-Test positiv ist …
Ob das gesamte Apothekenteam unter Quarantäne gestellt wird, obliegt allein dem zuständigen Gesundheitsamt. Bei drohendem Personalmangel in medizinischen Einrichtungen oder bei Personal, das zur kritischen Infrastruktur (KritIS) gehört, kann in Ausnahmefällen keine Quarantäne für das gesamte Apothekenteam angeordnet werden. Es müssen nicht alle Kolleg*innen der infizierten Person als Kontaktperson unter Quarantäne gestellt werden. Hierbei können die Vorgaben zur Kontaktpersonennachverfolgung des Robert Koch-Instituts (RKI) herangezogen werden. Diese werden in drei Kategorien unterteilt: Kategorie I „enger Kontakt“ mit höherem Infektionsrisiko, Kategorie II mit geringerem Infektionsrisiko und Kategorie III, die nur bei medizinischem Personal anzuwenden ist.
Eine Kontaktperson ist derjenige, der im infektiösen Zeitintervall Kontakt mit einem bestätigten Covid-19-Fall (Quellfall) hatte. Das infektiöse Zeitintervall ist variabel und hängt davon ab, ob die Fallperson im Rahmen der SARS-CoV-2-Infektion symptomatisch wurde oder nicht.
Kategorie I
- Personen, die kumulativ mindestens einen 15-minütigen Gesichts-Kontakt („face-to-face“), beispielsweise im Rahmen eines Gesprächs, hatten; dazu gehören Personen, die im selben Haushalt leben
- Personen mit direktem Kontakt zu Sekreten oder Körperflüssigkeiten, insbesondere zu respiratorischen Sekreten eines Quellfalls, wie beispielsweise Küssen, Anhusten, Anniesen, Kontakt zu Erbrochenem oder Mund-zu-Mund Beatmung
- Personen, die nach Risikobewertung durch das Gesundheitsamt mit hoher Wahrscheinlichkeit einer relevanten Konzentration von Aerosolen auch bei größerem Abstand zum Quellfall als 1,5 Meter entfernt ausgesetzt waren, beispielsweise beim Feiern, Singen oder Sporttreiben in Innenräumen oder wenn sich zusätzlich zuvor der Quellfall für mehr als 30 Minuten im Raum aufgehalten hat
- im Flugzeug: Passagiere, die Armlehnenkontakt zum Quellfall hatten, unabhängig von der Flugzeit; Besatzungsmitglieder oder andere Passagiere, unabhängig vom Sitzplatz, sofern eines der anderen Kriterien für engen Kontakt zutrifft wie zum Beispiel ein längeres Gespräch
Kategorie II
- Menschen, die sich im selben Raum wie ein bestätigter Covid-19-Fall aufgehalten haben, wie beispielsweise Klassenzimmer, Arbeitsplatz, aber keinen kumulativ mindestens 15-minütigen Gesichts-Kontakt mit dem Infizierten hatten und kein Anhalt dafür besteht, dass eine Aerosolübertragung jenseits von 1,5 Meter vom Quellfall entfernt stattgefunden hat
- im Flugzeug: Passagiere, die in derselben Reihe wie der Quellfall oder in den zwei Reihen vor oder hinter diesem gesessen hatten, unabhängig von der Flugzeit, jedoch nicht unter Kategorie I fallen
Kategorie III
Gilt nur für medizinisches Personal!
- medizinisches Personal mit Kontakt ≤ 1,5 Meter (im Rahmen von Pflege oder medizinischer Untersuchung), wenn eine adäquate Schutzbekleidung während der gesamten Zeit des Kontakts gemäß Kategorie I getragen wurde
- medizinisches Personal mit Kontakt ≤ 1,5 Meter (im Rahmen von Pflege oder medizinischer Untersuchung) ohne relevante Aerosolproduktion, wenn neben dem Personal auch Patientinnen einen medizinischen Mund-Nasenschutz trugen
- medizinisches Personal mit Kontakt > 1,5 Meter ohne adäquate Schutzbekleidung, ohne direkten Kontakt mit Sekreten oder Ausscheidungen der Patientinnen und ohne Aerosolexposition
Kontaktpersonen der Kategorie I müssen 14 Tage in Quarantäne (häusliche Absonderung), außerdem sollte so früh wie möglich ein Corona-Test durchgeführt werden. Zusätzlich sollte fünf bis sieben Tage nach der Erstexposition ein zweiter Test erfolgen, da zu diesem Zeitpunkt die höchste Wahrscheinlichkeit für einen Erregernachweis besteht. „Es ist zu betonen, dass ein negatives Testergebnis das Gesundheitsmonitoring nicht aufhebt und die Quarantänezeit nicht verkürzt!“, so das RKI.
Ende März hatte die Apothekerkammer Berlin in einem Leitfaden festgehalten, was bei einem Covid-19-Fall im Team zu tun ist. Hier geht`s zum Artikel ?.
Kann die Apotheke den Betrieb aufgrund von Personalmangel nicht aufrechterhalten, kann in Bayern eine Dienstbefreiung beantragt werden. Ist dies der Fall, trägt der Inhaber das Betriebsrisiko und muss seinen Angestellten das Gehalt weiterhin zahlen.
Fallen alle Apotheker aus, kann der Betrieb auch nicht fortgeführt werden, wenn ein Apotheker per Video-Chat zugeschaltet ist. Dem Vorschlag erteilt die Bayerische Landesapothekerkammer eine klare Absage: „Nein! Die Apotheke muss auch und gerade in Krisenzeiten ordnungsgemäß besetzt sein, um die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.“
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