PTA allein in Filiale: Apotheken kontern Lauterbach
Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach plant Filialapotheken ohne Rezeptur, Notdienst und Approbierte. Ziel sei es, die flächendeckende Versorgung zu sichern und sogar zu verbessern. Die Apotheken erteilen dem Minister eine Absage und liefern Gegenargumente in einem Faktenblatt.
2004 wurde das Mehrbesitzverbot gelockert. Inhaber:innen dürfen neben der Hauptapotheke noch drei Filialapotheken besitzen. Jetzt will Lauterbach den Mehrbesitz ausweiten – um ein bis zwei weitere Filialen, vor allem in strukturschwachen Gebieten, zu ermöglichen. Das wird nicht funktionieren, kontern die Apotheken und liefern ein Beispiel. In Dänemark habe die Ausweitung des Filialbesitzes keine positiven Effekte gezeigt, heißt es im Faktenblatt. Zwar sei die Zahl der Filialen gestiegen, aber nicht auf dem Land, sondern in den Stadtzentren. „Der vom BMG erhoffte positive Effekt auf die Versorgung in strukturschwachen Regionen wird nicht eintreten.“
Filialapotheken im ländlichen Raum sollen ohne Labor, Rezeptur und Notdienst betrieben werden dürfen. Hier sehen die Apotheken die Gefahr, dass Menschen in strukturschwachen Gebieten, die ausschließlich durch Filialen versorgt werden, nicht die gleichwertige Versorgung erhalten wie Menschen in der Stadt. Hinzukomme ein Negativeffekt. So bestehe die Gefahr, dass sich die qualitativ schlechteren Filialen in der Nähe von Hauptapotheken ansiedeln und diese unter Druck setzen werden.
Die „Apotheken light“ sollen zudem ohne Approbierte auskommen, wenn Apotheker:innen der Hauptapotheke via Telepharmazie vernetzt sind. Ein Risiko. Denn PTA sind zwar unverzichtbar, jedoch entspricht deren Ausbildung nicht den Anforderungen an eine Apothekenleitung. Zudem regele die Apothekenbetriebsordnung, dass jederzeit ein/e Apotheker:in in der Apotheke sein muss. Sind PTA in den Filialen weitestgehend auf sich allein gestellt, sei das pharmazeutische Sicherheitsnetz, das auch für berufserfahrene PTA unverzichtbar sei, nicht gegeben.
Lauterbach will außerdem eine Reform der Apothekenvergütung auf den Weg bringen. Deren Ziel ist es, Honoraranreize für strukturschwache Standorte zu schaffen. „Dass nur die Apotheken in strukturschwachen Regionen wirtschaftlich unter Druck stehen, ist eine Fehlannahme des Ministeriums“, heißt es. Die Zahl der Apotheke sei auch in den Städten rückläufig, und zwar seit Jahren. „Dies belegt, dass alle Apotheken in Deutschland wirtschaftlich unter Druck stehen und Neugründungen immer unattraktiver werden.“ Das Fixhonorar aus dem Jahr 2013 bedarf einer deutlichen Anpassung, und zwar „bevor über neue, zusätzliche Elemente im Apothekenhonorar überhaupt diskutiert werden kann.“
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