Wer kennt ihn nicht, den Anruf von der Apothekenleitung, dass du für eine/n kranke/n Kolleg:in einspringen sollst. Kein Problem, solange dies nicht zur Gewohnheit wird. Doch während manche aus dem Team ständig fehlen, sind andere gefühlt immer da, und zwar auch wenn sie krank sind. Doch darfst du eigentlich krank in die Apotheke?
Zugegeben: Krank und Apotheke, das gehört irgendwie zusammen. Immerhin berätst du Tag für Tag Menschen, die mit den unterschiedlichsten Beschwerden im HV stehen. Und auch bei einigen Kolleg:innen häufen sich teilweise die Erkrankungen und damit auch die Fehltage. Immerhin brauchen Apothekenmitarbeiter:innen laut § 9 Bundesrahmentarifvertrag bei einer Abwesenheit von bis zu drei Tagen nur auf „ausdrückliches Verlangen des Apothekeninhabers“ eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Da fällt manchen die Entscheidung, zu Hause zu bleiben, durchaus leicht. Andere Beschäftigte sind das komplette Gegenteil und schleppen sich auch krank in die Apotheke. Aber ist das sinnvoll beziehungsweise überhaupt erlaubt?
So viel vorweg: Ein gesetzliches „Verbot“, krank zur Arbeit zu kommen, gibt es nicht. Immerhin kannst nur du selbst einschätzen, wie stark deine Beschwerden sind. Stattdessen wird auf das Verantwortungsbewusstsein und die Vernunft von Arbeitnehmer:innen gesetzt. Doch in den letzten Jahren hat sich der sogenannte Präsentismus, also das Arbeiten trotz Erkrankung, immer weiter durchgesetzt, wie unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund klarstellt. Demnach gingen allein 2017 rund zwei Drittel der Beschäftigten krank zur Arbeit, jede/r Zweite sogar eine Woche lang.
Die Gründe dafür sind laut der Krankenkasse AOK vielschichtig. Zu den Ursachen zählen unter anderem eine hohe Arbeitszufriedenheit, großes Engagement und ein ausgeprägtes Pflichtgefühl. Demgegenüber stehen beispielsweise die Angst vor Jobverlust sowie ein zu hohes Arbeitspensum. Unabhängig vom Grund sind die Folgen jedoch mitunter gravierend. So sind kranke Mitarbeiter:innen nicht nur weniger produktiv und leistungsfähig, sondern gefährden unter Umständen auch Dritte durch eine Ansteckung. Hinzu kommt ein erhöhtes Risiko für Arbeitsunfälle sowie die Gefahr, die Erkrankung zu verschleppen. Und das alles macht sich auch finanziell bemerkbar: „Alles deutet darauf hin, dass die Kosten für Präsentismus deutlich höher ausfallen als die Kosten für krankheitsbedingte Fehlzeiten“, heißt es von der AOK. Krank zur Arbeit in die Apotheke ist also keine gute Idee.
Die gute Nachricht: Durch die Corona-Pandemie wurde der Präsentismus erfolgreich eingedämmt. Denn mit Husten und Schniefnase den Kolleg:innen oder in deinem Fall auch Kund:innen gegenüberzutreten, ist in der aktuellen Zeit ein echtes No-Go. Ob sich diese positive Entwicklung auch nach der Pandemie fortsetzt, ist jedoch unklar.
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