Paracetamol und Autismus: FDA und EMA geben Entwarnung
Über den Einsatz von Paracetamol in der Schwangerschaft wird immer wieder diskutiert. Denn unter anderem wird ein Zusammenhang zwischen der Anwendung und dem späteren Auftreten von Autismus und ADHS beim Kind vermutet. Nun geben die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) in Bezug auf Paracetamol und Autismus Entwarnung – zumindest teilweise.
Nach verschiedenen Berichten über ein womöglich erhöhtes Risiko für neurologische Erkrankungen wie Autismus und ADHS bei Kindern durch eine Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft reagiert die FDA mit verschiedenen Maßnahmen. In einer Stellungnahme informieren die Expert:innen, dass sie unter anderem eine Änderung der Kennzeichnung von Paracetamol-haltigen Arzneimitteln eingeleitet haben. Außerdem wurde ein aktuelles Informationsschreiben an Ärzt:innen herausgegeben. Das Ziel: Eltern und medizinisches Personal auf die zahlreichen Belege zu den potenziellen Risiken von Paracetamol aufmerksam zu machen. Gleichzeitig gibt die FDA jedoch auch Entwarnung – zumindest teilweise. Und auch die EMA klärt entsprechend auf.
Wirkstoffcheck
Paracetamol kommt zur Behandlung von leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber zum Einsatz. Der Wirkstoff besitzt analgetische und antipyretische Eigenschaften, wirkt jedoch im Gegensatz zu Ibuprofen kaum entzündungshemmend. Der genaue Wirkmechanismus von Paracetamol ist noch nicht eindeutig geklärt, allerdings wird der antipyretische Effekt auf einen Einfluss auf das Temperaturregulationszentrum im Hypothalamus zurückgeführt. Außerdem bewirkt Paracetamol eine Hemmung der cerebralen Prostaglandinsynthese und hemmt die periphere Prostaglandinsynthese nur schwach.
Paracetamol und Autismus: Kausaler Zusammenhang nicht belegt
Wie die Expert:innen in einer aktuellen Stellungnahme informieren, wurde in den letzten Jahren in mehreren Studien auf einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft und der späteren Diagnose von Erkrankungen wie Autismus und ADHS hingewiesen. „Einige Studien beschreiben, dass das Risiko am größten sein kann, wenn Paracetamol während der gesamten Schwangerschaft dauerhaft eingenommen wird.“ Der Grund: Das Acetamid wird überwiegend in der Leber metabolisiert. Weil jedoch das Organ bei ungeborenen Babys und sehr kleinen Kindern und noch in der Entwicklung ist, kann bei ihnen die Fähigkeit zur Verstoffwechselung den Expert:innen stark eingeschränkt sein.
Darum machen sie in einem Infoschreiben an Ärzt:innen einmal mehr auf das Risiko aufmerksam. Doch sie stellen zugleich klar: Belegt wurde ein kausaler Zusammenhang zwischen Paracetamol und Autismus bisher nicht. Mehr noch. Es gebe in der wissenschaftlichen Literatur auch Studien, die zu einem gegenteiligen Ergebnis kommen.
Auch von der EMA heißt es in einer aktuellen Stellungnahme: „Paracetamol bleibt eine wichtige Option zur Behandlung von Schmerzen oder Fieber bei schwangeren Frauen. Unsere Empfehlung basiert auf einer sorgfältigen Auswertung der verfügbaren wissenschaftlichen Daten. Wir haben keine Hinweise darauf gefunden, dass die Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft Autismus bei Kindern verursacht.“
Risiken und Nutzen abwägen
Dennoch wird das Fachpersonal aufgerufen, einen möglichen Zusammenhang bei der Behandlungsempfehlung im Blick zu haben und PCM mit Vorsicht zu verordnen beziehungsweise den Einsatz während der Schwangerschaft auf ein Minimum zu beschränken – zumal „die meisten kurzfristigen Fiebererkrankungen bei Schwangeren und Kleinkindern keine medikamentöse Behandlung erfordern“, heißt es im Schreiben weiter.
Auf der anderen Seite sollte bei der Entscheidung auch berücksichtigt werden, dass „Paracetamol unter allen Analgetika und Antipyretika die sicherste rezeptfreie Alternative während der Schwangerschaft ist“, so die Expert:innen weiter. So haben beispielsweise ASS und Ibuprofen nachweislich negative Auswirkungen auf den Fötus, sodass auf die Anwendung ab der 20. Schwangerschaftswoche verzichtet werden sollte.
Letztlich liege die Entscheidung über die Einnahme weiterhin bei Patient:innen selbst und für einige Schwangere könne es in bestimmten Situationen sinnvoll sein, Paracetamol zu verwenden, heißt es in der Stellungnahme weiter.
Auch die EMA bestätigt: „Bei Bedarf kann Paracetamol während der Schwangerschaft angewendet werden.“ Ähnlich wie bei anderen Arzneimitteln zur Akutbehandlung gilt dabei jedoch: so wenig und so kurz wie möglich.
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