Nullretax: Die Kasse entscheidet
Eine Nullretax kann vor allem bei Hochpreisern existenzbedrohend für die Apotheke sein. Dabei ist eine Nullretax keine Pflicht, denn die Kassen können unter Umständen selbst entscheiden, wie hoch die Kürzung ist.
Der Zahlungs- und Lieferanspruch der Apotheken ist in § 6 Rahmenvertrag geregelt. Dort heißt es:
„(1) Der durch Normverträge näher ausgestaltete gesetzliche Vergütungsanspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht im Gegenzug für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht mit Belieferung einer gültigen ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Verordnung in papiergebundener oder elektronischer Form. Der Vergütungsanspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […]
c) die Krankenkasse im Einzelfall entscheidet, die Apotheke trotz eines derartigen Verstoßes ganz oder teilweise zu vergüten.“
Somit haben die Kassen die Möglichkeit, im Rahmen einer Einzelfallentscheidung auf eine Nullretax zu verzichten und nur eine Summe X abzusetzen – beispielsweise, wenn der Retaxgrund die Arzneimittelsicherheit nicht gefährdet.
Außerdem verliert die Apotheke den Vergütungsanspruch nicht, wenn ein unbedeutender Formfehler vorliegt. Dies ist ebenfalls in § 6 Rahmenvertrag geregelt.
„d) es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt.“
Dies kann unter anderem der Fall sein, wenn:
- Abkürzungen fehlerhaft sind sowie Schreibfehler sowie Groß- und Kleinschreibung auftreten
- die Unterschrift des/der Ärzt:in unleserlich ist, aber erkennbar keine Paraphe oder ein anderes Kürzel
- die Telefonnummer der Praxis fehlt oder unleserlich ist
- einzelne Angaben zur Identifikation des/der Verschreibenden wie der Vorname fehlen, aber der/die Verschreibende dennoch eindeutig für Apotheke und Krankenkasse erkennbar ist
- die Apotheke die fehlende Gebrauchsanweisung bei Rezepturen ergänzt hat
- in puncto Gebührenstatus – die Apotheke aufgrund der falschen Kennzeichnung des Gebührenstatus durch den/die Verschreibende als „Gebühr frei“ beliefert hat, ohne die Zuzahlung zu kassieren
- bei T-Rezepten (Lenalidomid, Thalidomid, Pomalidomid) die Kennzeichnung durch Ankreuzen verrutscht, aber dennoch zuzuordnen ist, oder die Kreuze handschriftlich durch den/die Verschreibende gesetzt wurden
- bei BtM-Rezepten auf allen drei Teilen der Zusatz „i.V.“ im Vertretungsfall fehlt, aber für die Apotheke anhand der Unterschrift erkennbar ist, dass Praxisinhaber:in und verordnende/r Ärzt:in nicht identisch sind
- ein Rezept mit Duplikat gekennzeichnet ist
- bei der Dokumentation von Nichtverfügbarkeit, Akutversorgung/Notdienst oder pharmazeutischen Bedenken entweder nur das zugehörige Sonderkennzeichen oder nur ein entsprechender Vermerk auf dem Rezept vorgenommen wurde; fehlt beides, muss ein objektiver Nachweis im Beanstandungsverfahren erbracht werden
- Aut-idem handschriftlich gesetzt ist und die Apotheke entsprechend geliefert hat
- die Apotheke ein Arzneimittel zulasten der Kasse mit einem alten Kassen-Institutionskennzeichen abgibt
- die Apotheke mit Genehmigung der Kasse ein Importarzneimittel abgibt, aber die Genehmigung nicht beifügt und nachreicht und, wenn ein Importarzneimittel nach § 73 Absatz 3 Arzneimittelgesetz ohne Angabe des Apothekeneinkaufspreises abgegeben wird
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