Tropicamid-haltige Augentropfen gehören zu den Mitteln der Wahl zur Pupillenerweiterung vor Augenuntersuchungen und Co. Durch seine stimulierende und halluzinogene Wirkung birgt Tropicamid jedoch Missbrauchspotenzial, warnt die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) aktuell. Apotheken sollen wachsam sein.
Tropicamid ist ein kurzwirksames Anticholinergikum, dessen Hauptwirkung auf einer Erweiterung der Pupillen beruht. Genau bindet der Wirkstoff kompetitiv an muskarinische Acetylcholinrezeptoren (mAChR) des Parasympathikus im Ziliarmuskel und im Sphinkter des Irismuskels des Auges. Tropicamid kommt vor allem in Form von Augentropfen für diagnostische Untersuchungen und therapeutische Eingriffe am Auge zum Einsatz. Außerdem ist es angezeigt zur Behandlung bei einer Entzündung der mittleren Augenhaut (Uveitis).
Da der Wirkstoff bei systemischer Applikation eine Atropin-ähnliche Wirkung entfalten und zu Halluzinationen führen kann, kann es mitunter zu einer missbräuchlichen Anwendung kommen, warnt die AMK. Demnach wurden den Expert:innen seit Juli 2022 inzwischen drei Verdachtsfälle von potenziellem Missbrauch von Tropicamid-haltigen Augentropfen aus verschiedenen Apotheken gemeldet, während es zuvor lediglich ein Fall aus dem Jahr 2015 war.
Vor allem junge erwachsene Männer hätten in verschiedenen Apotheken Verordnungen über große Mengen entsprechender Präparate – beispielsweise fünf Packungen Mydriaticum Stulln 10×10 ml – vorgelegt. Dabei handelte es sich um gefälschte Privatrezepte oder mehrere Rezepte verschiedener Ärzt:innen.
Tropicamid-Missbrauch: Apotheken sollen Verdachtsfälle melden
Wie die AMK informiert, werde Tropicamid unter anderem bei Heroinmissbrauch als Wirkverstärker genutzt. Das Problem: Auch bei topischer Anwendung können systemische Wirkungen auftreten und anticholinerge Effekte etwa von Antihistaminika, Phenothiazinen oder trizyklischen und tetrazyklischen Antidepressiva verstärken. Hinzukommt, dass die systemische atropinerge Wirkung zu schweren Komplikationen wie Tachykardie oder Gedächtnis- und Verhaltensstörungen, Verwirrtheit, Delirium, akuter Psychose oder Übererregbarkeit führen kann.
Apothekenteams werden daher zur Wachsamkeit aufgefordert, wenn entsprechende Verordnungen vorgelegt werden. Neben dem Blick für Auffälligkeiten in Sachen Menge sollten Mitarbeiter:innen außerdem Näheres zur Indikation und Art der Anwendung erfragen, über mögliche Risiken informieren und bei Verdacht auf eine Rezeptfälschung die Abgabe verweigern. Verdachtsfälle eines Missbrauchs von Tropicamid-haltigen Augentropfen sollten außerdem bei der AMK gemeldet werden.
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