Mindestlohnerhöhung bedroht Apotheken und Versorgung
Der Mindestlohn soll erhöht werden. Die Freie Apothekerschaft schlägt Alarm: Das Plus bedroht die Existenz zahlreicher Apotheken und gefährdet somit die flächendeckende Arzneimittelversorgung.
Ein Teil der Apotheken ist wirtschaftlich angeschlagen – ein Viertel defizitär. Denn: Das Apothekenhonorar stagniert und das bei steigenden Kosten. „Unser Honorar für verschreibungspflichtige Arzneimittel wurde seit 2004 nur ein einziges Mal – im Jahr 2013 – um marginale 25 Cent angepasst“, schreibt die FA. „Das bedeutet: Während alle Dienstleister, Großhändler und Zulieferer ihre gestiegenen Lohnkosten an uns weiterreichen, bleiben unsere Einnahmen auf dem Stand von vor über 20 Jahren.“
Diese strukturelle Unterfinanzierung sei für die Apotheken wirtschaftlich untragbar. Die Branche werde zur unfreiwilligen Refinanzierungsquelle für Dritte gemacht, ohne eigene Ausgleichsmöglichkeiten. „Wir zahlen die Löhne unserer Zulieferer mit, aber dürfen nicht einmal unsere eigenen anheben“, kritisiert Daniela Hänel, Vorsitzende des Vereins. „Dieses System ist nicht nur ungerecht, es ist gefährlich – für die wirtschaftliche Existenz der Apotheken und für die Arzneimittelversorgung in Deutschland.“
Mindestlohnerhöhung existenzbedrohend
Dass der Mindestlohn auf 13,90 Euro ab 2026 und 14,60 Euro ab 2027 steigen soll, bedrohe die Existenz zahlreicher Apotheken in Deutschland und gefährde die Arzneimittelversorgung. Apotheken stehen einer fatalen Kettenreaktion gegenüber, da sie gestiegene Kosten nicht weitergeben dürfen.
Mit der Mindestlohnerhöhung rutschen PKA und PTA künftig unter das gesetzliche Lohnminimum, gibt die FA zu bedenken. Trotz abgeschlossener Berufsausbildung und hoher Verantwortung werden sie faktisch auf Mindestlohnniveau degradiert, während Pflegefachkräfte oder medizinische Fachangestellte deutlich höhere Stundenlöhne erhalten.
„Apothekerinnen und Apotheker wollen ihre Mitarbeitenden angemessen und über Mindestlohnniveau hinaus bezahlen – aus Respekt vor deren Leistung und Verantwortung“, betont der Vorstand. Doch bei seit Jahrzehnten stagnierendem Honorar und stetig steigenden Kosten sei kein finanzieller Spielraum. Schon jetzt ist schwer Personal zu halten und zu finden. „Dieser Missstand bedroht die Personalbindung, demotiviert qualifizierte Fachkräfte und verschärft den ohnehin bestehenden Nachwuchsmangel.“
Minijob-Falle
Die Mindestlohnerhöhung treffe auch Minijobber:innen. Denn die würden in eine sozialabgabenpflichtige Beschäftigung gedrängt, da die 556-Euro-Grenze bei einem Stundenlohn von 14,60 Euro bereits bei unter zehn Wochenstunden erreicht ist. Die möglichen Folgen: weniger Arbeitsstunden oder weniger Netto für die Beschäftigten. „Gewinner sind der Staat und die Sozialkassen.“
Gefahr für den Botendienst
Dadurch geraten auch Apotheken unter Druck, die auf flexible Teilzeitkräfte – beispielsweise für den Botendienst – angewiesen sind. Die FA fürchtet Personalengpässe und den Abbau wichtiger Dienstleistungen.
Die Apothekenzahl ist im ungebremsten Sinkflug und lag Mitte Juni bei unter 16.800 – der niedrigste Stand seit 1978. „Das ist kein Einzelfall, sondern ein klarer Trend: Immer mehr Apotheken schließen – nicht wegen fehlender Nachfrage, sondern wegen systemischer Unterfinanzierung“, so Hänel. „Und als wäre das noch nicht genug, meinen Apothekerkammern und -verbände, mit der permanenten Erhöhung von Zwangsbeiträgen die Apotheken ungeniert zu schröpfen.“
Daher fordert die FA eine „sofortige, substanzielle Erhöhung des Apothekenhonorars, verbunden mit einer jährlichen, dynamischen Anpassung an die Lohn- und Kostenentwicklung.“ Alles andere sei verantwortungslos. „Wer weiterhin untätig bleibt, riskiert nicht nur tausende Arbeitsplätze, sondern auch die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln. Dann wird nicht nur die Apotheke vor Ort verschwinden – sondern auch ein wesentlicher Teil der wohnortnahen, niedrigschwelligen Gesundheitsversorgung in Deutschland.“
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