Dass Frauen deutlich häufiger unter Migräne leiden als Männer, ist bekannt. Doch woran liegt das und warum spielt dabei die Menstruation eine Rolle? Das haben Forschende der Berliner Charité herausgefunden. Achtung, Spoiler: In Sachen Migräne hat der Botenstoff CGRP eine entscheidende Bedeutung.
Etwa jede siebte Frau leidet laut dem Robert-Koch-Institut unter Migräne. Im Gegensatz zum Spannungskopfschmerz zeichnet sich eine Migräneattacke durch einen einseitigen, pulsierenden oder pochenden moderaten bis schweren Schmerz aus. Parallel dazu treten Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschüberempfindlichkeit sowie Taubheitsgefühl in den Gliedmaßen auf. Bei einer Migräne mit Aura sind zudem Einschränkungen im Sichtfeld oder Sprach- und Sprechstörungen möglich.
Dabei besteht offenbar ein Zusammenhang zu hormonellen Veränderungen. Demnach sind die Attacken rund um die Regelblutung und beim Eintritt in die Menopause am heftigsten, wohingegen sich während der Schwangerschaft und mit Abschluss der Wechseljahre Besserung einstellt. Doch woran liegt das?
Das zeigen die Ergebnisse einer Studie der Berliner Charité. „Aus dem Tiermodell haben wir Hinweise, dass Schwankungen von weiblichen Hormonen – insbesondere von Östrogen – zu einer verstärkten Freisetzung des Entzündungsbotenstoffs CGRP im Gehirn führen“, heißt es von Studienleiterin Dr. Bianca Raffaelli.
CGRP steht für Calcitonin Gene-Related Peptide und ist ein Neuropeptid, das aus 37 Aminosäuren besteht. CGRP wirkt gefäßerweiternd, wird im Peripheren- und Zentralnervensystem gebildet, bindet dort an seinen jeweiligen Rezeptor und fungiert als Botenstoff. Das Peptid wirkt sich positiv auf die Kontraktionsfähigkeit sowie die Schlagkraft des Herzens aus, unterstützt die Regulation der Körpertemperatur im Nervensystem und ist an der Schmerzempfindung beteiligt. CGRP wirkt zudem diuretisch, weil es die glomeruläre Filtration an der Niere erhöht.
Migräne: CGRP-Spiegel hängt vom Hormonhaushalt ab
Und dann ist da noch die Bedeutung bei Migräne. Denn CGRP führt zu einer starken Vasodilatation der Blutgefäße. „Dadurch entsteht eine Entzündungsreaktion, die einer der Gründe für die starken Kopfschmerzen bei Migräne sein könnte.“ Das haben die Forschenden anhand von 180 Frauen untersucht. Dabei zeigte sich: Während der Menstruation war die Konzentration des Botenstoffs bei den Teilnehmerinnen mit Migräne deutlich höher als bei gesunden Frauen. Der Grund: Mit dem Absinken des Östrogenspiegels zur Einleitung der Periode werde verstärkt CGRP ausgeschüttet. „Das könnte erklären, warum die betroffenen Frauen kurz vor und während der Monatsblutung häufiger Migräneattacken erleben.“ Wird dagegen die Pille eingenommen oder ist die Menopause bereits abgeschlossen, bleibt der Östrogenspiegel in der Regel stabil, wodurch die Migräneattacken abnehmen.
Die Daten bestätigen somit, dass der CGRP-Spiegel abhängig vom hormonellen Zustand ist. Das könnte auch Einfluss auf die Behandlung mit CGRP-Inhibitoren haben, so die Forschenden. Dies müsse in weiteren Untersuchungen überprüft werden. Doch auch ohne Hormonschwankungen traten bei einigen Proband:innen Attacken auf. „Denn CGRP ist nicht das einzige entzündliche Peptid, das Migräne auslösen kann.“
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