Methylphenidat: Glaukom, trockenes Auge, Zwangsstörungen als neue Nebenwirkungen
Leiden Patient:innen unter Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS), zählt Methylphenidat zu den Mitteln der Wahl in der Behandlung. Doch der Wirkstoff birgt Risiken. Nun müssen die Fach- und Gebrauchsinformationen von Arzneimitteln mit Methylphenidat um mehrere neue Nebenwirkungen ergänzt werden.
Methylphenidat gehört zu den Amphetamin-ähnlichen Substanzen und wirkt stimulierend im zentralen Nervensystem. Das indirekte Sympathomimetikum hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin. Somit erhöht sich die extrazelluläre Konzentration.
Zu den unerwünschten Wirkungen zählen Appetitverlust, Schlaflosigkeit und Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens. Nun wird vor neuen Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Methylphenidat gewarnt. Die Fach- und Gebrauchsinformationen entsprechender Arzneimittel müssen angepasst und Patient:innen auf das Risiko für Glaukome, erhöhten Augeninnendruck, trockenes Auge und Zwangsstörungen hingewiesen werden.
Gefahr für Glaukom, erhöhten Augeninnendruck und trockenes Auge
Grundlage ist ein Beschluss der zuständigen Koordinierungsgruppe (CMDh) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), der wiederum auf einer Empfehlung des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) fußt. Denn wie die PRAC-Expert:innen in einer Untersuchung festgestellt haben, besteht eine plausible Möglichkeit für einen kausalen Zusammenhang zwischen Methylphenidat und dem Auftreten von Glaukomen, erhöhtem Augeninnendruck, trockenem Auge und Zwangsstörungen (einschließlich Trichotillomanie und Dermatillomanie).
In der Packungsbeilage müssen unter Abschnitt 4 als Nebenwirkungen mit nicht bekannter Häufigkeit erhöhter Druck im Auge sowie Augenerkrankungen, die aufgrund einer Schädigung des Augennervs zu einer verminderten Sehkraft führen können (Glaukom) ergänzt werden. Patient:innen sollen Rücksprache mit ihrem/ihrer Ärzt:in oder Apotheke halten, wenn entsprechende Beschwerden sie erheblich beeinträchtigen. Gleiches gilt beim Auftreten eines trockenen Auges, das gelegentlich vorkommen kann.
In bestimmten Fällen kann nicht nur eine augenärztliche Konsultation, sondern auch eine ophthalmologische Überwachung von Patient:innen angezeigt und gegebenenfalls ein Absetzen der Behandlung erforderlich sein.
Methylphenidat: Risiko für Zwangsstörungen
Doch nicht nur die Augengesundheit von Patient:innen kann beeinträchtigt werden. So muss auch vor bestimmten neuen psychischen Nebenwirkungen unter Methylphenidat gewarnt werden, die selten auftreten können. Dazu gehören Zwangsstörungen (obsessive-compulsive disorder, OCD), die unter anderem den unwiderstehlichen Drang für Hautzupfen und das Ausreißen von Körperhaaren sowie unerwünschte Gedanken, Gefühle, Bilder oder Triebe (Zwangsgedanken) und das Ausführen wiederholter Handlungen oder geistiger Rituale (Zwänge) umfassen.
Stellen Patient:innen entsprechende Anzeichen für diese unerwünschten Wirkungen fest, ist ebenfalls Arzt- oder Apothekenrücksprache zu halten.
Hinweise auf eine krankhafte Wiederholung von Verhaltensweisen oder die Besessenheit mit bestimmten Dingen können dagegen aus den Gebrauchsinformationen gestrichen werden.
Die Änderungen in dem Fach- und Gebrauchsinformationen müssen von den Mitgliedsstaaten bis spätestens 2. Oktober umgesetzt werden.
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