Medizinalcannabis gegen Depressionen: Kasse zahlt nicht
Seit mehr als einem Jahr gilt medizinisches Cannabis – mit Ausnahme von Nabilon – nicht mehr als Betäubungsmittel, sondern kann auf einem regulären Rezept verordnet werden. An den Regelungen zur Kostenerstattung hat sich jedoch nichts geändert. Bekommt ein Patient Medizinalcannabis aufgrund von Depressionen verordnet, muss die Kasse nicht zahlen, so ein Urteil.
Cannabis zu medizinischen Zwecken – in Form von getrockneten Blüten, Extrakten, wenn sie einen THC-Gehalt von mindestens 0,2 Prozent besitzen, oder Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon – kann seit rund acht Jahren zulasten der Krankenkassen verordnet werden. Doch damit die Kosten übernommen werden, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein, wie das Bundesgesundheitsministerium mit Bezug auf § 31 Absatz 6 Sozialgesetzbuch V (SGB V) informiert:
- „Es muss sich um eine schwerwiegende Erkrankung handeln.
- Es gibt keine Alternative zur Behandlung mit Cannabisarzneimitteln oder diese kann im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des Arztes oder der Ärztin nicht zur Anwendung kommen.
- Es besteht die Aussicht auf eine spürbare positive Beeinflussung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome.“
Dies war bei einem Patienten, dem aufgrund von Depressionen Medizinalcannabis verordnet wurde, nicht der Fall, sodass die zuständige Kasse nicht zahlte. Zu Recht, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil.
Ausreichend Alternativen: Kein Medizinalcannabis gegen Depressionen
Der Mann litt seit Jahren unter chronischen Depressionen mit Antriebsstörungen, Stimmungsschwankungen und sozialem Rückzug. Der behandelnde Arzt verordnete ihm zur Behandlung medizinisches Cannabis – genau ein Gramm zur Inhalation. Die Verschreibung erfolgte zunächst auf einem Privatrezept, anschließend zulasten der gesetzlichen Krankenkasse. Doch diese verweigerte die Kostenübernahme. Dagegen wehrte sich der Patient und begründete dies unter anderem damit, dass sich sein Zustand unter anderen Behandlungsoptionen wie Antidepressiva verschlechtert und nur unter der THC-Therapie verbessert habe. Der Fall landete vor dem LSG, das jedoch zugunsten der Kasse urteilte.
Demnach sei zwar die in § 31 Absatz 6 SGB V genannte Voraussetzung einer schwerwiegenden Erkrankung erfüllt. Allerdings gebe es gemäß S3-Leitlinie ausreichend anerkannte, medikamentöse Optionen zur Behandlung von Depressionen als Alternative zu Medizinalcannabis. Außerdem konnte die behandelnde Praxis allein über den kurzen, unspezifischen Hinweis „Psychopharmaka ohne positiv ausreichenden Erfolg“ nicht nachweisen, dass es sich um eine Ausnahme handelt, weil bereits Antidepressiva möglichst sämtlicher Wirkstoff-Klassen erfolglos eingesetzt wurden. Demnach wurde anhand der Abrechnungsdaten lediglich die Verordnung von Johanniskraut und Sertralin ersichtlich. „Welche weiteren Substanzen beim Kläger zum Einsatz kamen, ist nicht ersichtlich“, so das Gericht. Folglich war die Verordnung von medizinischem Cannabis nicht erstattungsfähig und die Kasse zahlte zu Recht nicht.
Auch in einem früheren Fall entschied ein Gericht, dass die Kasse auch bei mehreren Erkrankungen für Medizinalcannabis nicht zahlen muss, sofern Behandlungsalternativen bestehen.
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