Medizinal-Cannabis-Gesetz: Freizeitkonsumenten sind keine Patienten
Das Medizinal-Cannabis-Gesetz (MedCanG) soll angepasst und der Versand von Blüten verboten werden. Zudem soll die Verschreibung an einen persönlichen Kontakt gekoppelt werden. Dafür gibt es Kritik – Schwerkranke müssten wieder regelmäßig in die Praxis und der Freizeitkonsum wandere in den Schwarzmarkt ab. Der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Dr. Sven Dreyer, kontert. Freizeitkonsument:innen sind keine Patient:innen und Schwerkranke haben ohnehin regelmäßig Kontakt mit den Praxen.
Nach Plänen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) könnten die Verschreibung und der Versand von Medizinalcannabis via Plattformen demnächst komplett kassiert werden. Die Pläne finden nicht nur Zustimmung. Aus Sicht der Plattformen können Arztpraxen und Apotheken gar nicht die Lücke füllen, die sie hinterlassen würden – weder was die Kapazitäten angeht, noch das Spezialwissen. Hinzukämen ein Mehraufwand für Schwerkranke und ein Ausweichen auf den Schwarzmarkt.
Dreyer bewertet die Kritik aus ärztlicher Sicht. „Schwerkranke Menschen, die Medizinal-Cannabis benötigen, haben regelhaft Kontakt zu Ärztinnen und Ärzten und können die Substanz bei entsprechender Indikation auch weiterhin verschrieben und von den Krankenkassen bezahlt bekommen.“ Das ändere auch das angekündigte Gesetz nicht und schränke die Rechte Schwerstkranker auch nicht ein. Das Vorhaben, dass für Folgeverschreibungen mindestens einmal im Jahr ein persönlicher Kontakt zwischen Arzt und Patient bestehen soll, „ist absoluter Standard und keiner Aufregung wert.“
Auch die Abwanderung in den Schwarzmarkt kassiert Dreyer. Denn mit den Cannabis-Clubs und dem beschränkten Eigenanbau wurden rechtliche Regelungen geschaffen, die den legalen Bezug von Cannabis zum Eigengebrauch in der Freizeit zulassen. „Cannabis-Plattformen, die Kiffen auf Tele-Rezept ermöglichen, umgehen diesen legalen Weg“, mahnt Dreyer. „Da Medizinal-Cannabis zurecht ein verschreibungspflichtiges Medikament ist, ist es nicht die Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten, Freizeitkonsumenten (also ohne medizinische Indikation) Medizinal-Cannabis zu verordnen.“
Für Ärzt:innen gelte die Sorgfaltspflicht. „Freizeitkonsumenten sind aber eben keine Patienten und wir wollen mit unserem ärztlichen Verschreibungsverhalten auch nicht dafür sorgen, dass sie eines Tages Patienten werden.“
„Wenn ein Ziel der Teillegalisierung von Cannabis, nämlich die Austrocknung des Schwarzmarkts, nur dadurch erreicht werden kann, dass Online-Plattformen Freizeitkonsumenten per Rezept zum Rausch verhelfen, ist das Cannabis-Gesetz der Ex-Ampel verfehlt, und es gehört zügig überarbeitet“, wird Dreyer deutlich. Der Referentenentwurf sei ein wichtiger und richtiger Schritt dazu.
Zustimmung kommt von der SPD. „Die stark wachsende Zahl an Privatrezepten von Selbstzahlern für medizinischer Cannabisblüten – häufig über Onlineplattformen ohne jeglichen Arzt-Patienten-Kontakt – deutet auf ein hohe Missbrauchsquote hin“, so Christos Pantazis, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD.
„Für uns als SPD-Fraktion ist klar, dass die Online-Verschreibung von Arzneimitteln, die Suchterkrankungen auslösen können, für unbekannte Patientinnen und Patienten grundsätzlich ausgeschlossen sein muss. Hier bedarf es einer engen ärztlichen Begleitung“, so der Gesundheitsexperte weiter. Auch spezialisierte Apotheken könnten hier durch ihr Aufklärungs- und Beratungsangebot einen wichtigen Beitrag zur Patientensicherheit leisten.
„Im Koalitionsvertrag haben wir uns vorgenommen, das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis im Herbst 2025 ergebnisoffen zu evaluieren. Der Referentenentwurf des BMG, der jetzt Gegenstand der Ressortabstimmung ist, greift insoweit lediglich einen Teilaspekt auf, während die Entkriminalisierung von Cannabis letztlich in der Gesamtschau beurteilt werden muss.“
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