Kaum sind die ergänzenden Regelungen in § 11 Rahmenvertrag in Kraft, finden diese in der Praxis Anwendung. Grund ist der Lieferengpass bei Nebivolol. Weil nur das Original zu haben ist, kann nicht zum Festbetrag geliefert werden. Die entstehenden Mehrkosten bei Nebivolol übernimmt die Kasse – sofern ein Rabattvertrag besteht. Wir sagen dir, wie du das Rezept bedruckst.
Seit dem 1. August 2020 steht es fest: Patienten müssen im Falle eines Lieferengpasses des Rabattarzneimittels, wie es derzeit bei Nebivolol der Fall ist, anfallende Mehrkosten nicht mehr aus eigener Tasche zahlen, wenn nur oberhalb des Festbetrages versorgt werden kann. Die Änderung des Rahmenvertrages in § 11 setzt die Vorgaben im Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz um. In diesem Fall muss die Apotheke auch nur einen Defektbeleg beim Großhandel einholen.
Der Fall Nebivolol: Mehrkosten und Lieferengpass
Nebivolol ist seit Längerem von Lieferausfällen betroffen. Derzeit ist nur das Original lieferbar. Die Generikahersteller melden Produktionsprobleme. Laut Liste der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldeten Lieferengpässe fällt Stada voraussichtlich bis November und Glenmark bis September dieses Jahres aus.
Das Original kommt mit Nebilet von Berlin Chemie. Für die Packung zu 100 Tabletten fallen Mehrkosten in Höhe von 19,89 Euro an. Die übernimmt die Kasse, vorausgesetzt es liegt ein Rabattvertrag vor, der nicht bedient werden kann, weil das rabattierte Arzneimittel nicht lieferbar ist und auch alle wirkstoffgleichen Aut-idem-konformen Alternativen ausfallen und den Vorgaben des Rahmenvertrages nicht nachgekommen werden kann. Denn nach § 11 darf die Apotheke oberhalb des Festbetrages versorgen und die Mehrkosten der Kasse in Rechnung stellen. „Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V die Mehrkosten.“
Mehrkosten bei Nebivolol: So wird bedruckt
Wie das Rezept zu bedrucken ist, regelt die Technische Anlage 1. DAV und GKV-Spitzenverband haben sich darauf verständigt, dass die Apotheken das Sonderkennzeichen Nichtverfügbarkeit „02567024“ und in das Feld „Faktor“ die Ziffern „2“ oder „4“ sowie in das Feld „Taxe“ den Betrag „0“ eintragen sollen. Umsetzen soll das die Apothekensoftware:
CGM Lauer WINAPO
WINAPO kann die Vorgabe umsetzen und zwar automatisch. PTA und Apotheker wählen den Artikel, der lieferbar beziehungsweise in der Apotheke vorrätig ist, aus der Taxe aus und übernehmen diesen in die Kasse. Beim Verzweigen in das Kassenfenster öffnet sich der Substitutionsdialog und das pharmazeutische Personal kann die Option „Nichtverfübarkeit“ auswählen. Im nächsten Schritt fragt die Software nach der Art der Nichtverfügbarkeit. Da Nebivolol über die Großhändler nicht verfügbar ist, wird die Option „Substitute beim Großhandel nicht verfügbar“ gewählt und es wird nach dem nächstpreisgünstigeren Artikel gesucht, dieser angeboten und schließlich in den Abverkauf übernommen. Der Kasse wird automatisch der volle Betrag inklusive Mehrkosten in Rechnung gestellt und das Rezept entsprechend bedruckt. „Dieser Automatismus ist für die Fälle, dass der Rabattartikel nicht über den Großhandel (Faktor 2) erhältlich ist oder der preisgünstige Import über den Großhandelt nicht erhältlich ist (Faktor 4) implementiert“, teilt Lauer Fischer mit.
ADG
Bei ADG läuft die Umsetzung ebenfalls automatisch. Wählt das pharmazeutische Personal die Nichtverfügbarkeit unter Verwendung von Faktor 2 oder 4 und übersteigt der Preis den Festbetrag, wird als Taxe der Betrag des Apothekenverkaufspreises in die Taxzeile eingetragen.
Werden Rezepte aus dem Juli nachbearbeitet, müssen bei Faktor 2 oder 4 die Mehrkosten manuell angepasst werden. Dazu wird wie folgt verfahren: Korrektur; Zuzahlung; Mehrkosten auf GKV: die Mehrkostenberechnung aktivieren und wieder „Mehrkosten auf Kunde“ auswählen und die Korrektur speichern.
awinta
Ist kein Rabattarzneimittel zum Festbetrag verfügbar, gilt auch bei awinta für den Rezeptdruck: Sonder-PZN plus Faktor 2 oder 4. „So wird bei Abgabe eines Arzneimittels mit Mehrkosten der VK taxiert und der Kunde zahlt lediglich die Zuzahlung auf den VK“, teilt ein Sprecher mit. „Aufgrund der verschiedenen Warenwirtschaften im Hause der awinta können wir an dieser Stelle keine pauschale Anleitung wiedergeben, alle Produktlinien berücksichtigen jedoch die oben genannten Vorgaben.“
Die Warenwirtschaften wurden bereits mit entsprechenden Versionsänderungen/Updates an die Kunden ausgeliefert, so das Softwarehaus. Einer guten Umsetzung stehe seit dem 31. August 00:00 Uhr nichts im Wege. Bei Fragen könnten sich Apotheken an die Anwendungshotline wenden oder einen Blick in die Online-Hilfe „aHelp“ werfen. Einen Tipp haben wir noch: Wer mit Prokas arbeitet, kann über Sonderrezepte „kein Eigenanteil“ die Mehrkosten auf „0“ bekommen und die Sonder-PZN über Sonderkennzeichen, Nichtverfügbarkeit mit der Menge 211 oder 411 aufdrucken.
Pharmatechnik
Bei Pharmatechnik geht ebenfalls alles automatisch. Sobald im Verkauf bei Umgehung der Abgaberangfolge aufgrund der Nichtverfügbarkeit der Rabattarzneimittel oder vorrangig abzugebenden Präparate die Sonderkennzeichen 2 oder 4 ausgewählt werden und der Apotheken-VK des gewählten Artikels über dem Festbetrag liegt, wird automatisch anstatt des Festbetrags der Apotheken-VK auf das Rezept in die Taxzeile gedruckt. Die Zuzahlungsberechnung wird auf Basis des Apotheken-VKs durchgeführt und auch auf das Rezept gedruckt.
Willst du immer auf dem Laufenden sein und keine Nachricht mehr verpassen? Dann melde dich für unseren wöchentlichen Newsletter hier an ?.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Beyfortus: Kein Impfstoff, kein SSB
Für die Verordnung von Beyfortus (Nirsevimab) gelten unterschiedliche Vorgaben. In Hamburg ist seit Kurzem beispielsweise die Verordnung im Rahmen des …
Beyfortus in Hamburg nur als Sprechstundenbedarf
Soll in Hamburg eine RSV-Primärprophylaxe erfolgen, wird über Beyfortus (Nirsevimab) keine Einzelverordnung mehr ausgestellt. Seit knapp einer Woche ist nur …
Ab Januar: Mindestlohn und Minijobgrenze werden angehoben
Zum 1. Januar steigt der Mindestlohn. Das hat Auswirkungen auf die Mindestlohngrenzen von Mini- und Midijobs. Allerdings gilt der Mindestlohn …