Lieferengpässe bei fast jedem zweiten Rezept
Fast jedes zweite Rezept ist von Lieferengpässen betroffen. Das ist das Ergebnis einer Blitzumfrage des Apothekerverbandes Nordrhein. Der mit Lieferausfällen verbundene Aufwand habe ein „unerträgliches Maß“ erreicht. Das Thema habe höchste Priorität.
Innerhalb von weniger als 48 Stunden haben sich mehr als 400 Apotheken an Rhein und Ruhr – das sind rund 25 Prozent der Mitgliedsapotheken – an der Blitzumfrage des AV Nordrhein beteiligt. Das Ergebnis offenbart einen Mehraufwand pro Monat pro Apotheke von etwa 3.000 Euro – summa summarum sind das im Jahr 36.000 Euro. Mehr noch: Der Verband geht davon aus, dass sich die Lage bundesweit ähnlich darstelle und sich somit die Summe auf mehr als 600 Millionen Euro belaufe. Nicht zu vergessen die Honorareinbußen, weil Packungen nicht abgegeben werden können sowie der erhöhte Kassenabschlag.
„Apotheken müssen dringend für ihren enormen Mehraufwand angemessen honoriert werden“, mahnt der AV Nordrhein.
Lieferengpässe sorgen für unerträgliches Maß an Belastung
Lieferengpässe sind derzeit das Thema Nummer 1 in den Apotheken. „In über 130 Kommentaren haben die Kolleginnen und Kollegen vor allem das unerträgliche Maß an Belastung ihrer Teams zum Ausdruck gebracht“, so Thomas Preis, AVNR-Vorsitzender. „Dabei wurden insbesondere auch der bisher nicht honorierte, extreme Zeitaufwand und die damit verbundenen Umsatz- und Ertragseinbußen angeprangert.“
Zeitfresser Arztrücksprache und Recherche nach Alternativen
Die Umfrageergebnisse zeigen auch die größten Zeitfresser, die mit der Bearbeitung von Lieferengpässen einhergehen – die Rückrufe und das erneute Vorlegen des Rezeptes in der Arztpraxis sowie die Nachfrage bei der Recherche nach noch lieferbaren Arzneimitteln bei Großhändlern und Herstellern. Hinzukommen der Zeitaufwand für die Doku und die Sorge vor Retaxationen.
50 Cent sind „beleidigend“
Dass Apotheken wie im Generikagesetz des Bundesgesundheitsministers vorgesehen 50 Cent als Aufwandspauschale für die Arztrücksprache erhalten sollen, würde von den AVNR-Mitgliedern „als beleidigend“ gewertet. Dieser Vorschlag zeuge von einer Geringschätzung, die erschreckend sei, so die Kommentare der Apotheker:innen.
„Tag für Tag kämpfen wir in unseren Apotheken gegen Lieferengpässe, um die Versorgung der Patienten weiter sicherzustellen“, so Preis. Dafür, dass das vom Bundesgesundheitsminister im Dezember 2022 angekündigte Gesetz auf unbestimmte Zeit im ersten Quartal verschoben wurde, haben die Apoheker:innen „keinerlei Verständnis“, so Preis. „Das Maß ist voll! Betriebswirtschaftlich sind der nicht vergütete Mehraufwand, die Umsatzverluste, seit Februar noch verbunden mit dem erhöhten Kassenabschlag für immer mehr Apotheken nicht mehr tragbar“, stellt Preis klar.
Lieferengpässe: Die Politik ist in der Pflicht
„Hinzu kommt noch die hohe psychische Belastung für die Apothekenteams bei der Bewältigung der Lieferengpässe. Denn die Versorgung der Patienten muss auch trotz der katastrophalen Liefersituationen weiter sichergestellt bleiben.“ Preis sieht den Bundesgesundheitsminister in der Pflicht, die gesetzliche Lösung nicht auf die lange Bank zu schieben. Denn dies sei ein Schlag ins Gesicht des Berufsstandes, der mit größtem Einsatz dafür gesorgt habe, dass aus den Lieferengpässen bisher kein Versorgungsnotstand entstanden sei.
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