Mehr als 500 Arzneimittel sind auf der Liste der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldeten Lieferengpässe zu finden. So lang sind auch die Defektlisten in den Apotheken und daran wird auch die Dringlichkeitsliste des Bundesgesundheitsministers nichts ändern, wie eine aktuelle aposcope-Befragung zeigt. Die Kolleg:innen bewerten die Arbeit von Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach mit „mangelhaft“.
Der Herbst und Winter stehen bevor und die Sorge vor Engpässen bei Kinderarzneimitteln, Antibiotika und Opioiden ist groß. Und begründet. Schon jetzt sind die Schubladen und Regale in den Kommissionierautomaten leer. Die Mehrheit der Apothekenteams (97 Prozent) fühlt sich mit dem Problem weitgehend allein gelassen, und das, obwohl erst vor Kurzem das Engpassgesetz in Kraft getreten und mit der Dinglichkeitsliste die Grundlage für Massenimporte gelegt wurde.
Dringlichkeitsliste ist kein Problemlöser
Auf der Dringlichkeitsliste sind Kinderarzneimittel aufgeführt, die als essentiell für die Pädiatrie gelten und in der kommenden Infektionssaison möglicherweise einer angespannten Versorgungssituation unterliegen, heißt es vom BfArM. Gelistet sind Kinderantibiotika, Schmerz- und Fiebermittel sowie abschwellende Nasensprays und -tropfen. Schon jetzt schlägt der Großhandel Alarm – die Bestände reichen keine zwei Wochen und eine Bevorratung ist aufgrund von Lieferengpässen nicht möglich.
Kein Wunder, dass 80 Prozent der von aposcope befragten Kolleg:innen nicht glauben, dass die Dringlichkeitsliste das Problem der Lieferengpässe lösen wird, denn die Liste kommt viel zu spät (86 Prozent). Mehr noch. Die Zusammenstellung wird wirkungslos bleiben, sagen rund 78 Prozent der Befragten. Außerdem wird die Aufstellung dazu führen, dass die Versorgung teurer wird (75 Prozent) und der Mehraufwand in den Apotheken massiv sein wird (83 Prozent).
Lieferengpässe: Diese Arzneimittel fehlen
Die Apotheken müssen den Mangel verwalten. Das beeinträchtigt die Abläufe in der Apotheke, und zwar in unterschiedlichem Ausmaß. Die Beeinträchtigung ist sehr groß, groß, eher groß:
- Kinderantibiotika: 95 Prozent
- Schmerz- und Fiebermittel für Kinder: 57 Prozent
- abschwellende Nasensprays und -tropfen für Kinder: 52 Prozent
- Antibiotika (feste Darreichungsformen): 90 Prozent
- Blutdruckmittel: 49 Prozent
- Hustenmittel: 43 Prozent
- Omeprazol: 32 Prozent
- Lipidsenker (Rosuvastatin): 86 Prozent
- Oxycodon: 28 Prozent
- Methylphenidat: 29 Prozent
- Hydromorphon: 32 Prozent
Dass die Politik das Problem der Lieferengpässe lösen wird, glauben nur 6 Prozent der Befragten – dass die Lage sich im Laufe des Jahres verschärfen wird, hingegen 96 Prozent.
Apothekenlager bald leer
Die Lage ist mehr als ernst. Mehr als ein Viertel der Dringlichkeits-Arzneimittel konnte in den vergangenen Monaten vom Großhandel aufgrund von Lieferengpässen gar nicht beschafft werden. Und auch die Apothekenlager könnten schon im Herbst leer sein. Rund 68 Prozent der Kolleg:innen glauben nicht, dass die Lagerbestände der Apotheke – Vorbestellungen inklusive – für die herbstliche Erkältungswelle ausreichen werden.
Massenimporte (k)eine Lösung
Sind also Massenimporte, wie sie auf Grundlage der Dringlichkeitsliste im Falle eines Versorgungsmangels möglich sind, die Lösung? Knapp 73 Prozent der Befragten halten es für unrealistisch, dass Massenimporte die Engpässe hierzulande beheben können.
Darauf, dass die Apotheken Lieferengpässe mit Rezepturen abfedern, darf der Minister nicht hoffen, denn mit Rezeptursubstanzen bevorraten sich nur 23 Prozent der befragten Kolleg:innen.
Zur Methodik: An der aposcope-Befragung zu Lieferengpässen in Vor-Ort-Apotheken nahmen vom 7. bis 9. September insgesamt 336 Apotheker:innen, PKA und PTA teil.
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