Lavendelöl bei Schlafstörungen: Silexan wirksamer als Z-Substanzen?
Schlafstörungen gehören bei immer mehr Menschen zum Alltag. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Zur Behandlung kommen neben verschreibungspflichtigen Schlafmitteln auch pflanzliche Arzneimittel ins Spiel, zum Beispiel mit Lavendelöl. Doch was ist wirksamer? Eine Antwort liefert eine neue Studie, die den Effekt von patentiertem Lavendelöl (Silexan) mit Z-Substanzen verglichen hat.
Dass Lavendelöl bei Schlafstörungen Abhilfe schaffen kann, vor allem im Zusammenhang mit psychischer Belastung, konnte bereits vor rund zehn Jahren durch Studien belegt werden. Ebenso wurde ein angstlösender Effekt nachgewiesen. Nun zeigt sich, dass Silexan bei Schlafstörungen offenbar wirksamer ist als Z-Substanzen. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag von Dr. Willmar Schwabe.
Z-Substanzen wie Zopiclon und Zolpidem sind Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten und zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen zugelassen. Sie binden wie Benzodiazepine an Gamma-Aminobuttersäure (GABA)-A-Rezeptoren. Die zentral hemmenden Effekte des Neurotransmitters werden verstärkt. Die Folge: dämpfende, beruhigende und sedierende Eigenschaften. Die Behandlungsdauer sollte dabei so kurz wie möglich sein und einschließlich der schrittweisen Absetzphase vier Wochen nicht übersteigen, um eine Abhängigkeit zu vermeiden.
Lavendelöl ist ein ätherisches Öl, das aus den Blüten von Lavandula angustifolia – oder auch Echter Lavendel – gewonnen wird. Ihm werden angst- und krampflösende, beruhigende sowie antidepressive Eigenschaften zugesprochen. Die enthaltenen Inhaltsstoffe Linalool und Linalylacetat sollen im Gehirn spannungsabhängige Calciumkanäle blockieren, was zur angstlösenden Wirkung führt. Anders als Z-Substanzen hat Silexan keinen Effekt auf die GABA-A-Rezeptoren. Eine sedierende Wirkung bleibt daher aus.
Weniger Wiederholungsdiagnosen: Silexan schlägt Z-Substanzen
Wissenschaftler:innen der Medizinischen Hochschule Hannover untersuchten im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie Daten aus der Datenbank des IQVIA Disease Analyzers. Einbezogen wurden mehr als 95.000 Patient:innen, die sich aufgrund von Schlafstörungen in ärztliche Behandlung begeben hatten. Als Therapie wurden entweder Silexan oder Z-Substanzen verordnet, wobei ein Großteil der Betroffenen eine Verschreibung für letztere erhielt, während nur rund 5.000 Patient:innen mit Silexan behandelt wurde.
Dabei sollte ermittelt werden, welche der beiden Behandlungsoptionen wirksamer ist. Dafür haben die Forschenden überprüft, ob und wie häufig die Betroffenen in einem Zeitraum von zwei Wochen bis zu einem Jahr nach der Erstverschreibung wieder in die Praxis kamen, um eine weitere Behandlung zu besprechen.
Es zeigte sich: Die langfristigere Wirksamkeit wurde mit Silexan anstelle von Z-Substanzen erreicht. So suchten nur rund 16 Prozent der Silexan-Patient:innen ihre/n Ärzt:in erneut wegen Schlafproblemen auf. Unter einer Therapie mit Z-Substanzen war es dagegen fast jede/r Dritte (29 Prozent).
Achtung: Die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Diagnose von Schlafstörungen stieg unabhängig von der Medikation auch mit zunehmendem Alter sowie durch das Vorliegen von physischen und/oder psychischen Erkrankungen wie Diabetes, Depressionen und Angststörungen.
„Unsere Studie zeigt, dass die Verschreibung von Silexan an erwachsene Patienten, die ihren Hausarzt wegen Schlafstörungen aufsuchen, zu weniger häufigen Wiederholungskonsultationen führt als Z-Medikamente“, heißt es von den Autor:innen.
Das Problem: Silexan steht als OTC-Produkt in der Apotheke zur Verfügung, sodass einige Patient:innen womöglich trotz anhaltender Beschwerden von einem weiteren Arztbesuch absehen. Hinzukommt, dass keine Rückschlüsse über den Schweregrad der Schlafstörungen möglich waren. Dennoch lautet das Fazit der Forschenden: Vor allem bei Patient:innen, deren Schlafstörungen durch psychische Probleme wie Angststörungen verursacht wurden, kann Silexan im Vergleich zu Z-Substanzen eine bessere Behandlungsoption darstellen, da die angstlösende Wirkung bereits nachgewiesen wurde.
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