Seit mehr als 1,5 Jahren hält uns die Corona-Pandemie in Atem. Insbesondere im ersten Lockdown ab März 2020 schien die Welt förmlich stillzustehen. Also die perfekte Zeit, sich der Familienplanung zu widmen, oder? Zumindest ist hierzulande oftmals vom Baby-Boom durch Corona die Rede ist. Aber stimmt das überhaupt?
Sex als Zeitvertreib im Lockdown? Im Frühjar 2020 hieß es von jetzt auf gleich: zu Hause bleiben. Restaurants, Geschäfte und Co. blieben geschlossen, Treffen mit Freunden waren untersagt und Langeweile vorprogrammiert. Genügend Zeit, um sich in aller Ruhe den verbliebenen zwischenmenschlichen Beziehungen zu widmen, dachten sich wohl viele Menschen. So zeigten beispielsweise Daten aus Mailand, dass sich die Zahl der Geschlechtskrankheiten während des ersten Lockdowns erhöht hat. Doch wie sieht es hierzulande aus? Gibt es den vielfach vorausgesagten Baby-Boom durch Corona wirklich?
Nein, sagt das Statistische Bundesamt (Destatis). Demnach hat sich die Langeweile im Lockdown wohl nicht auf die Geburtenzahlen ausgewirkt – die Lockerungen der Corona-Beschränkungen dagegen scheinbar schon. Aber der Reihe nach.
Die Destatis-Expert:innen haben Daten zu den Geburtenzahlen von Januar bis Mai 2021 ausgewertet. Der vielfach erwartete deutliche Anstieg zeigte sich dabei jedoch nicht. Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum erhöhte sich die Geburtenzahl lediglich um 1,4 Prozent. Um von einem Baby-Boom durch Corona sprechen zu können, hätte die Zahl vor allem in den Monaten Januar und Februar jedoch drastisch steigen müssen. Denn rechnet man rund neun Monate zurück, entspricht dies in etwa dem Zeitraum des ersten Lockdowns. „Die Corona-Maßnahmen […] in der ersten Jahreshälfte 2020 haben sich offenbar nicht unmittelbar auf die Familienplanung ausgewirkt“, schlussfolgert Olga Pötzsch, Demografie-Expertin im Statistischen Bundesamt.
Folglich sorgte der Corona-Lockdown nicht für einen Baby-Boom, die Aufhebung der Beschränkungen dagegen schon. Denn im März 2021 lag die Zahl der Geburten um stolze 6 Prozent höher als im Vorjahr. „Diese Geburten gehen überwiegend auf Schwangerschaften zurück, die mit dem Abflachen der ersten Corona-Welle und mit den Lockerungen der Kontaktbeschränkungen ab Anfang Mai 2020 begonnen haben“, erklärt Pötzsch. Demnach weckte die Rückkehr zum „normalen“ Leben bei vielen Menschen offenbar regelrechte Frühlingsgefühle.
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