Zugegeben, wohl jede*r von uns hat im Privaten oder in der Apotheke schon einmal Menschen erlebt, die selbst bei kleinsten Wehwehchen wie einem Halskratzen oder ähnlichem gleich von schwerwiegenden Erkrankungen ausgehen und diese am besten sofort behandeln möchten. Doch was wir häufig salopp als Übertreiben abtun, kann sich bei einigen Menschen zu einem echten Zwang beziehungsweise dem Krankheitsbild Hypochondrie entwickeln.
„Ich habe Husten, Schnupfen und bin müde, bestimmt habe ich Corona!“ Sätze wie diese sind in der aktuellen Situation keine Seltenheit. Denn einerseits sind die Symptome einer Covid-19-Erkrankung nicht immer leicht von einer Erkältung zu unterscheiden. Andererseits wächst die Angst vor der Lungenkrankheit bei vielen Menschen von Tag zu Tag, sodass sie teilweise selbst bei einem Hüsteln schon das Schlimmste befürchten.
Eine solche Erfahrung ist für viele völlig neu, doch manchen Personen geht es auch abseits der Pandemie täglich so. Denn schätzungsweise vier von 1.000 Menschen in Deutschland leiden am Krankheitsbild Hypochondrie. Das bedeutet, sie haben selbst bei vermeintlich harmlosen Beschwerden direkt Sorge vor schweren Erkrankungen oder gar dem Tod.
Wie zeigt sich das Krankheitsbild Hypochondrie?
Für Hypochonder dreht sich der Großteil ihres Lebens um ihre Gesundheit. So achten sie akribisch auf mögliche Krankheitssymptome, denn sie leben in ständiger Angst vor tödlichen Krankheiten wie Krebs oder ähnlichem. Daher häufen sich ihre Arztbesuche auf bis zu 20 Mal pro Jahr. Und auch die exzessive Online-Suche nach bestimmten Symptomen und einer entsprechenden schwerwiegenden Diagnose gehört oftmals dazu. Daher gilt das Krankheitsbild Hypochondrie offiziell als Zwangsstörung, die weitere psychische Erkrankungen wie Panikstörungen oder Depressionen nach sich ziehen kann. Die Ursachen beziehungsweise Auslöser können dabei vielfältig sein, beispielsweise eine Erkrankung eines nahestehenden Menschen.
Ist Hypochondrie heilbar?
Wurde eine Hypochondrie diagnostiziert, kann eine kognitive Verhaltenstherapie als eine Form der Psychotherapie im besten Fall für Heilung sorgen. Dabei geht es im Kern darum, Patient*innen ihre Ängste zu nehmen und ihnen klarzumachen, dass kleinere Beschwerden zum menschlichen Körper dazugehören. Auch ein besserer Umgang mit Stress und Emotionen soll in der Therapie geschult werden.
Ein wichtiger Punkt ist außerdem, Betroffene darauf vorzubereiten, mit einer tatsächlichen Erkrankung umgehen zu können. Dabei kommen unter anderem Entspannungsübungen zum Einsatz. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten. Denn „Menschen mit Krankheitsängsten nehmen Körperempfindungen in der Ruhe anfangs noch intensiver wahr als sonst, deshalb würde ich Entspannungsverfahren nur unter Anleitung eines Arztes oder Psychologen empfehlen, der etwaige Ängste abfangen kann“, erklärt Winfried Rief, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Philipps-Universität Marburg.
Bei der Behandlung der Hypochondrie können außerdem regelmäßige Bewegung und sportliche Aktivitäten zum Einsatz kommen, um abzuschalten, den Körper fit zu halten und gleichzeitig möglichen neuen Symptome wie Kurzatmigkeit und Co. vorzubeugen.
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