Von Februar bis einschließlich September können Apotheken ihr Können in der Kapselherstellung unter Beweis stellen. Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) bietet jeden Monat einen anderen Kapsel-Ringversuch an. Im Juli sollen Hydrocortison-Kapseln hergestellt werden.
Im Rahmen der ZL-Ringversuche sollen Kapseln in pädiatrischer Dosierung hergestellt werden. Die ausgewählten Zubereitungen sind praxisnahe standardisierte oder auch freie Rezepturen, deren Herstellung eine große Herausforderung sein kann. Kapseln zählen neben abgeteilten Pulvern zu den wichtigsten einzeldosierten oralen Arzneiformen, die in Apotheken hergestellt werden. Seit 2016 können pulvergefüllte Kapseln mithilfe der gravimetrischen Methode angefertigt werden.
Hydrocortison-Kapseln 1 mg
Im ZL-Kapsel-Ringversuch im Monat Juli sollen Hydrocortison-Kapseln zu 1 mg hergestellt werden. Anmeldeschluss war der 1. Juli.
Während lange Zeit die Kapselherstellung volumenbasiert erfolgte, wird inzwischen auf die gravimetrische Methode gesetzt. Diese hat einen entscheidenden Vorteil – Pulververluste sind reduziert. Es handelt sich um ein massenbasiertes Verfahren, bei dem Wirk- und Füllstoff getrennt voneinander gewogen und in einer glatten Schale miteinander vermischt werden. Vorausgesetzt beide Substanzen haben eine möglichst gleiche Teilchengröße. Die neue Methode ist im Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) I.9. zu finden.
Kapselgröße
Kapseln gibt es in verschiedenen Größen mit einem unterschiedlichen Fassungsvermögen. Häufig kommen die Größen 0 (0,68 ml), 1 (0,50 ml) oder 4 (0,21 ml) zum Einsatz.
Füllstoff
Ein geeignetes Füllmittel ist beispielsweise Mannitol, das als Standardfüllmittel Mannitol 35 mit einer Korngröße von 50 μm erhältlich ist. Dies entspricht der Korngröße vieler mikronisierter Arzneistoffe.
Schüttdichte
Zur Bestimmung der Schüttdichte wird ein Messzylinder mit hoher Form 25 ml und Teilung von 0,5 ml der Klasse A verwendet und dessen Leergewicht bestimmt. 10 bis 10,5 g Manntitol/Aerosil (99,5/0,5) werden auf einem Wägeschiffchen abgewogen und das Gemisch mithilfe eines Trichters erschütterungsfrei in den Messzylinder überführt, das Volumen abgelesen und der befüllte Messzylinder (MZ) gewogen. Daraus wird der tatsächliche Inhalt ermittelt: Masse voller MZ – Masse leerer MZ = Masse Füllmittel
Im nächsten Schritt wird die Schüttdichte „D“ berechnet (muss zwischen 0,475 und 0,575 g/ml betragen): D (g/ml) = m (tatsächlicher Inhalt des Messzylinders) / V (abgelesenes Volumen)
Ist die Schüttdichte bekannt, kann für die massenbezogene Herstellung – das gravimetrische Verfahren – die notwendige Menge an Füllstoff ermittelt werden. Dazu wird die Anzahl der herzustellenden Kapseln mit dem Fassungsvermögen der Kapsel multipliziert.
Beispiel: 100 Kapseln der Größe 1 sind herzustellen; 100 x 0,5 ml = 50 ml
Über einen Dreisatz wird nun die nötige Menge Füllstoff berechnet. Dabei entspricht die zuvor errechnete Schüttdichte einem Volumen von 1 ml. Die Frage ist, wieviel Gramm (X) entsprechen 50 ml.
Dreisatz:
Schüttdichte g = 1 ml
X = 50 ml
Von der errechneten Menge X Füllstoff ist die Menge an Wirkstoff abzuziehen.
Wirkstoff
Werden Kapseln hergestellt, sind an unterschiedlichen Stellen der Herstellung Wirkstoffverluste möglich – beispielsweise beim Mischen oder Umfüllen, weil Pulver an den Arbeitsgeräten anhaftet oder Staubentwicklung auftreten kann. Unterdosierungen können die Folge sein. Daher kann ein Wirkstoffzuschlag sinnvoll sein. Dieser ist von verschiedenen Faktoren wie Art und Dosierung des Wirkstoffes, Eigenschaften des Füllmittels, Ansatzgröße und Herstellungsverfahren abhängig.
Bei niedrig dosierten Kapseln – Wirkstoffgehalt weniger als 20 mg pro Kapsel – wird laut DAC/NRF ein Wirkstoffzuschlag von 10 Prozent empfohlen. Selbst wenn während der Herstellung kein Wirkstoffverlust auftritt, liegt der Wirkstoffgehalt noch im tolerierbaren Bereich, der zwischen 90 Prozent und 110 Prozent festgelegt ist. Das ZL empfiehlt für Hydrocortison-Kapseln zu 1 mg und 2 mg einen Wirkstoffzuschlag von 10 Prozent.
Wirkstoffzuschlag
Die verordnete Wirkstoffmenge wird mit dem Faktor des Zuschlags multipliziert. Bei einem Zuschlag von 10 Prozent ist der Faktor 1,10. Außerdem ist gegebenenfalls ein Einwaagekorrekturfaktor zu berücksichtigen.
Die Wirkstoffmasse berechnet sich aus:
Anzahl der Kapseln * Wirkstoffmenge pro Kapsel * Wirkstoffzuschlag * Einwaagekorrekturfaktor
Herstellung der Hydrocortison-Kapseln
Für die Herstellung der Hydrocortison-Kapseln nach gravimetrischer Methode werden Wirkstoff und Füllmittel getrennt voneinander abgewogen. Anschließend wird der Arzneistoff in den Füllstoff „eingebettet“. Dazu wird in der Metall- oder Glasschale Füllmittel vorgelegt und der Wirkstoff dazugegeben und anschließend mit Füllmittel bedeckt. Gearbeitet wird im „Sandwichverfahren“ mit gleichen Anteilen Füllstoff der Wirkstoffmenge entsprechend. Das Pulver wird nun gemischt – in mindestens zwei Schritten. Verrührt und abgeschabt wird mittels Kartenblatt, um die Schüttdichte möglichst nicht zu verändern. Im Anschluss wird das restliche Füllmittel anteilig zugegeben und mehrmals gemischt. Jetzt können die Kapseln befüllt und schließlich verschlossen werden.
Nicht zu vergessen ist im Anschluss die Überprüfung der Gleichförmigkeit der Masse.
Willst du immer auf dem Laufenden sein und keine Nachricht mehr verpassen? Dann melde dich für unseren wöchentlichen Newsletter hier an ?.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Ab Februar: Einzelvertrag für Inkontinenz
Weil keine angemessene Erhöhung der Inkontinenz-Pauschale mit der AOK Bayern ausgehandelt werden konnte, zieht der Bayerische Apothekerverband (BAV) Konsequenzen. Wollen …
Wissen to go: Mengenänderung beim BtM-Rezept
Ob Brennen, Jucken oder Stechen – Wer in die Apotheke kommt, braucht neben schneller Hilfe vor allem eines: dein Expertenwissen …
Kinderantibiotika: Keine Versorgungsengpässe im Winter
In der vergangenen Woche tagte der Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen. Die Expert:innen gehen davon aus, dass in diesem Jahr …