Ob „Kundinnen und Kunden“, „Kolleg:innen“ oder „Mitarbeitende“: Eine geschlechtsneutrale beziehungsweise -sensible Sprache gewinnt auch im beruflichen Zusammenhang immer mehr an Bedeutung. Stichwort Stellenanzeige. Und auch am Arbeitsplatz führt am Gendern vielfach kein Weg vorbei. Doch dürfen Chef:innen darauf bestehen und Gendern zur Pflicht machen?
Wohl jede/r kennt folgenden Satz: „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“. Immerhin ist er im Heilmittelwerbegesetz (HWG) geregelt und damit Pflicht für jede Arzneimittelwerbung in Fernsehen oder Radio. Doch der Berufswirklichkeit entspricht dies nicht. Denn weibliche Mitarbeiterinnen werden dabei außen vor gelassen – das, obwohl vor allem die Apotheke weiblich ist. Angelini Pharma setzt daher seit mehr als einem Jahr auf einen gegenderten Pflichttext. Doch das Thema Gendern sorgt für zahlreiche Diskussionen, und zwar auch am Arbeitsplatz. Ein Mitarbeiter klagte zuletzt sogar gegen die gewählte Ansprache seines Arbeitgebers – allerdings erfolglos. Aber dürfen Chef:innen eine Pflicht zum Gendern einführen?
Was bedeutet überhaupt Gendern? Laut dem Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache wird darunter Folgendes verstanden: „geschlechtsneutrale oder geschlechtsinklusive Ausdrücke verwenden und dadurch Texte so gestalten, dass die Ausgrenzung aufgrund des (sozialen) Geschlechts vermieden wird“, beispielsweise durch Sichtbarmachung beider Geschlechter (= Kundinnen und Kunden), die Verwendung einer mehrgeschlechtlichen Schreibweise (= Kund:innen) oder durch die Verwendung einer geschlechtsneutralen Benennung oder Umformulierung (= Kundschaft).
Gendern: Arbeitgebende haben Weisungsrecht
Generell gilt: Auf Landes- und Bundesebene existieren keine Gesetze zu einer Gender-Pflicht. Auf der einen Seite steht das im Grundgesetz verankerte Recht auf Selbstbestimmung und zur freien Entfaltung der Persönlichkeit. Auf der anderen Seite haben Arbeitgebende bekanntlich das Weisungsrecht und können bestimmen, wie sich Angestellte im Rahmen ihrer Tätigkeit zu verhalten haben. „Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“, heißt es in § 106 Gewerbeordnung. Und dazu gehört auch die Ansprache von Kund:innen, dem Team oder auch dem/der Chef:in.
Das Gendern kann also zur Pflicht werden, vor allem wenn es um die Außendarstellung des/der Arbeitgeber:in geht. Wer dagegen verstößt, muss mich Konsequenzen rechnen: „Die Nichtbefolgung einer insoweit wirksamen Weisung kann einen verhaltensbedingten Pflichtverstoß des Arbeitnehmers darstellen. Diesem könnte mit einer Abmahnung bzw. mit einer Kündigung begegnet werden“, heißt es vom Institut für Wissen in der Wirtschaft.
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