Deutschland schläft schlecht: Laut Zahlen aus dem Jahr 2017 kommt nur jeder Fünfte morgens frisch und erholt aus dem Bett. Wenn Schäfchenzählen nicht mehr als Einschlafhilfe genügt, sollte die Ursache erforscht und gezielt behandelt werden. Denn Gründe für Schlafstörungen gibt es viele. Wir frischen euer Wissen zu Schlafmitteln auf.
Schlafstörungen werden in Ein- und Durchschlafstörungen unterschieden. Wenn sich das Gedankenkarussell beim Einschlafen dreht und die Betroffenen nicht abschalten können, ist von Einschlafstörungen die Rede. Oft können die Betroffenen länger als 20 Minuten nicht einschlafen. Wer problemlos einschläft, aber in der Nacht vermehrt oder am Morgen frühzeitig aufwacht, leidet unter Durchschlafstörungen.
Betroffene sollten die Beschwerden genau beschreiben und angeben, seit wann und in welcher Regelmäßigkeit diese bestehen. Kurzfristige Schlafstörungen benötigen meist keine Behandlung.
Das können die Gründe sein:
- Stress, Trauer oder Konflikte
- Schichtarbeit
- Hormonumstellung in den Wechseljahren
- Arzneimittel wie Betablocker, Antibiotika, Psychopharmaka, Statine, Hormonpräparate wie beispielsweise Schilddrüsenhormone oder Kontrazeptiva und Migränetherapeutika
- Erkrankungen wie Depression, Angststörungen, Parkinson, Schlafapnoen oder Restless-Legs-Syndrom
Achtung: Bei schwerwiegenden Begleiterkrankungen, Arzneimittelmissbrauch oder lang andauernder Schlaflosigkeit unbekannter Ursache sollen die Betroffenen an einen Arzt verwiesen werden.
Mittel der Selbstmedikation
Für die Selbstmedikation stehen pflanzliche und chemische Arzneimittel sowie Nahrungsergänzungsmittel zur Verfügung. Phytopharmaka haben sich bei Insomnien bewährt und sollten Mittel der ersten Wahl sein. Verfügbar sind Mono- und Kombipräparate.
Baldrian
Der Wirkmechanismus ist nicht genau bekannt ist. Vermutlich sorgen die enthaltenen Lignane für die schlaffördernde Wirkung, die auf einen Eingriff in den GABA-Regelkreis zurückzuführen ist. Studien zeigen, dass Baldrianwurzelextrakt einen Wirkstoff enthalten muss, der am A1-Rezeptor angreift und eine Adenosin-ähnliche Wirkung hervorruft. Adenosin reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus und sorgt für einen erholsamen Schlaf, um das Gehirn vor einem möglichen Energiemangel zu schützen.
Merke: Baldrian wirkt nicht gleich in der ersten Nacht. Nach etwa 14 Tagen entfaltet Baldrian seine volle Wirkung.
Neben Baldrian kommen auch Präparate mit Lavendel, Melisse oder in Kombination mit Hopfen, Passionsblume oder Johanniskraut zu Einsatz.
Lavendel
Ist die Reizüberleitung an den Nervenzellen gestört und zu viele Reize prasseln ein, strömt Calcium in die Zellen ein. Erregende Botenstoffe wie Noradrenalin werden in den synaptischen Spalt ausgeschüttet. Das Nervensystem ist übererregt und innere Unruhe und Nervosität die Folge. Lavendel reguliert den Calcium-Einstrom auf ein Normalniveau und somit werden die Botenstoffe wieder ins Gleichgewicht gebracht. Innere Unruhe und Ängste werden gemindert.
Chemische Arzneistoffe sind beispielsweise Doxylamin und Diphenhydramin.
Doxylamin
Doxylamin ist ein stark sedierendes Antihistaminikum und für die Kurzzeitbehandlung von Ein- und Durchschlafstörungen geeignet. Das H1-Antihistaminikum kam ursprünglich als Heuschnupfenmittel auf den Markt. Doxylamin hemmt den Einfluss der körpereigenen Wachsubstanz Histamin und kann den Einschlafprozess innerhalb einer halben Stunde beschleunigen. Verwender sollen eine Schlafdauer von acht bis neun Stunden einhalten, um am nächsten Tag der Nacht nicht noch „hinterher zu hängen“.
Diphenhydramin
Diphenhydramin blockiert kompetitiv und reversibel die Wirkungen endogenen Histamins an den H1-Rezeptoren. Das Antihistaminikum ist ebenfalls für die Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen angezeigt.
Melatonin
In der Vergangenheit ist ein Hype um Melatonin entbrannt. Das Schlafhormon wird bei Dunkelheit von der Zirbeldrüse ausgeschüttet und steuert den Tag-Nacht-Rhythmus. Gebildet wird Melatonin aus Serotonin. Präparate mit einer Tagesdosis von 1 mg können als Nahrungsergänzungsmittel deklariert werden. Zwei Health Claims sind möglich: „Melatonin trägt zur Linderung der subjektiven Jetlag-Empfindung bei“ und „Melatonin trägt dazu bei, die Einschlafzeit zu verkürzen“. Voraussetzung ist stets, dass der tägliche Grenzwert von 1 mg nicht überschritten und der Verbraucher darüber informiert wird, dass die Wirkung sich einstellt, wenn die zulässige Höchstmenge kurz vor dem Schlafengehen aufgenommen wird.
Nicht medikamentöse Maßnahmen
- körperliche Anstrengung nach 18 Uhr vermeiden
- maximal 30 Minuten Mittagsschlaf vor 14 Uhr
- abends auf schwere Mahlzeiten und Alkohol verzichten
- Einschlafrituale schaffen und möglichst immer zur gleichen Zeit schlafen gehen
- angenehmes Raumklima schaffen
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