Indikationscheck: Metamizol
Metamizol sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Zuletzt gab es eine Meldung aus Österreich: In einem Krankenhaus verstarb eine Frau, die trotz Unverträglichkeit mit dem Wirkstoff behandelt wurde. Wir geben dir einen Überblick über Wechselwirkungen und Indikation.
Metamizol ist ein nicht-opioides Pyrazolonderivat und besitzt analgetische, antipyretische und spasmolytische Eigenschaften. Der Wirkstoff kommt bei akuten starken Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, bei Koliken, Tumorschmerzen und sonstigen akuten oder chronisch starken Schmerzen zum Einsatz. Außerdem wird Metamizol bei hohem Fieber angewendet, wenn andere Maßnahmen nicht ansprechen. Der genaue Wirkmechanismus ist nicht eindeutig geklärt. Der schmerzlindernde Effekt wird jedoch auf eine Hemmung der Cyclooxygenase COX-3 zurückgeführt.
Vorsicht bei Kombi mit Ibuprofen
Dass Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Arzneimitteln mitunter schwerwiegende Folgen haben können, ist bekannt. Dazu zählt auch die Kombination aus Metamizol und Ibuprofen. Denn diese kann sogar tödlich enden. Der Grund: Leberversagen.
Das Universitätsklinikum Münster (UKM) berichtete über einen Todesfall unter der Kombination aus Metamizol und Ibuprofen. Ein ansonsten gesunder 50-jähriger Patient habe demnach in der Selbstmedikation rund eine Woche lang aufgrund von Muskelschmerzen das Metamizol-haltige Präparat Novalgin (Sanofi) eingenommen. Zur weiteren Schmerzlinderung wurden zusätzlich Ibuprofen-Tabletten angewendet – beide Präparate in korrekter Dosierung, wie die Ärzt:innen bestätigen. Dennoch kam es zu einer tödlichen Wechselwirkung. Genau entwickelte der Patient ein akutes Leberversagen, das letztlich zum Tod führte.
Bei Metamizol wird schon seit Längerem vor möglichen Leberschäden im Zusammenhang mit der Einnahme gewarnt. Die Rede ist von einer drug-induced liver injury (DILI) – sprich einem arzneimittelbedingten Leberschaden. Zwar ist der Pathomechanismus weiterhin nicht eindeutig geklärt, die verfügbaren Daten weisen jedoch auf einen immun-allergischen Pathomechanismus hin, der zwar generell selten auftritt, die genaue Häufigkeit kann jedoch nicht berechnet werden.
Und auch unter Ibuprofen können Leberschäden entstehen. Denn der Wirkstoff wird über die Leber metabolisiert. Laut Fach- und Gebrauchsinformationen treten Leberfunktionsstörungen, Leberschäden, Leberversagen und akute Hepatitis als Nebenwirkungen unter Ibuprofen sehr selten – sprich in < 1/10.000 Fällen – auf. Allerdings wird bei einer länger andauernden Gabe auf eine regelmäßige Kontrolle der Leberwerte hingewiesen. Zudem sollten Patient:innen bei bereits vorliegenden eingeschränkter Leberfunktion Ibuprofen-haltige Arzneimittel nur unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle und bei schweren Leberfunktionsstörungen gar nicht anwenden.
Wechselwirkung mit ASS
Das Analgetikum Metamizol und der Thrombozytenaggregationshemmer Acetylsalicylsäure (ASS) werden häufig verordnet. Die Wechselwirkung beider Arzneimittel wurde auf europäischer Ebene bewertet. Das Ergebnis: Weil eine Kombination der Wirkstoffe die Hemmung der Thrombozytenaggregation durch ASS vermindert, ist ein zeitlicher Abstand vor der Einnahme von Metamizol einzuhalten.
Gefährliches Duo: Metamizol und MTX
Metamizol kann die Hämatotoxizität von Methotrexat (MTX) verstärken, vor allem bei älteren Patient:innen. Eine Analyse der EudraVigilance-Datenbank zeigte unter der Kombination im Mittel eine 4,5-fach erhöhte Rate von Agranulozytosen. Eine Agranulozytose ist von einem Abfall der neutrophilen Granulozyten im peripheren Blut auf unter 500/µl gekennzeichnet. Das Risiko ist bereits ab dem 40. Lebensjahr nachweisbar und am höchsten ab dem 80. Lebensjahr. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren hatten in dieser Analyse kein erhöhtes Agranulozytoserisiko unter der Kombination aus MTX und Metamizol.
Daher lautet die Empfehlung: Bei erwachsenen Patient:innen bis zum 79. Lebensjahr sollten Metamizol und MTX nicht zusammen verabreicht werden. Ab 80 Jahren sollte eine kombinierte Therapie gar nicht durchgeführt werden, da das Risiko einer Agranulozytose achtmal höher ist. Zu beachten sei, dass die Wechselwirkung nicht in den Fachinformationen von MTX, aber von Metamizol zu finden ist.
Risiko einer Agranulozytose
Im Dezember 2024 wurde in einem Rote Hand Brief über das Risiko einer Agranulozytose informiert. Demnach müssen Patient:innen, die mit Metamizol behandelt werden, über Folgendes informiert werden:
- Frühsymptome einer möglichen Agranulozytose: Fieber, Schüttelfrost, Halsschmerzen und schmerzhafte Schleimhautveränderungen, insbesondere im Mund-, Nasen- und Rachenraum oder im Genital- oder Analbereich
- Patient:innen müssen auf diese Symptome achten, da diese jederzeit während der Behandlung und auch kurz nach dem Absetzen der Behandlung auftreten können.
- Patient:innen müssen das Arzneimittel absetzen und umgehend ärztliche Hilfe aufsuchen, wenn sie diese Symptome entwickeln.
Achtung: Wird Metamizol gegen Fieber angewendet wird, können einige Symptome einer beginnenden Agranulozytose unbemerkt bleiben. Außerdem kann eine Antibiose die Symptome verschleiern.
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