Händedesinfektionsmittel: Keine Chance gegen HEV
Beinahe jede/r Sechste hat hierzulande bereits eine Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) durchlebt – oftmals ohne es zu wissen. Allein 2019 gab es laut Statista knapp 4.000 Fälle, Tendenz steigend. Mit entsprechenden Hygienemaßnahmen lässt sich gegensteuern. Doch Händedesinfektionsmittel können HEV offenbar nichts anhaben.
Desinfektionsmittel haben durch die Corona-Pandemie einen ganz besonderen Stellenwert erhalten und sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken – weder in der Apotheke noch im Privaten. Nach Engpässen zu Beginn der Pandemie steht inzwischen wieder ausreichend zur Verfügung, sodass regelmäßigem Desinfizieren von Flächen, Händen und Co. nichts im Wege steht. Und das soll nicht nur vor verschiedenen Varianten des Coronavirus schützen, sondern auch andere Erreger abtöten. Dafür sorgen unter anderem verschiedene Alkohole. Beim Kampf gegen HEV haben Händedesinfektionsmittel jedoch ihre Grenzen. Das haben Wissenschaftler:innen vom TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung, herausgefunden.
„Wir haben die Wirkung der Alkohole Ethanol und Propanol, sowohl einzeln als auch in den von der WHO empfohlenen Mischverhältnissen und außerdem kommerzielle Händedesinfektionsmittel getestet“, heißt es von den Forscher:innen. Das Ergebnis: Nur ein Mittel konnte überzeugen. Denn viele Händedesinfektionsmittel inaktivieren HEV meist nicht vollständig, sodass eine Übertragung trotz vermeintlicher Desinfektion weiter möglich ist. Der Grund: Die Viren kommen mitunter sowohl in behüllter als auch in unbehüllter Form vor. Vor allem Letztere gilt als besonders widerstandsfähig gegen chemische Substanzen.
Händedesinfektionsmittel inaktivieren HEV nicht vollständig
Die Wissenschaftler:innen haben untersucht, wie effektiv verschiedene Händedesinfektionsmittel gegen die HEV-Formen vom Genomtyp 3, der in Deutschland, Europa und Nordamerika vorherrschend ist, sowie vom Genomtyp 1, der vor allem in Afrika verbreitet ist, wirken. Dabei kamen auch Produkte zum Einsatz, die zur Inaktivierung von behüllten und unbehüllten Viren zertifiziert waren. Ausreichend wirksam waren sie jedoch trotzdem nicht. „Die alkoholischen Komponenten lösen zwar die Lipidhülle auf, aber die entstehenden nackten Viren sind immer noch infektiös“, heißt es. Lediglich ein Mittel – zusammengesetzt aus 58 Prozent Ethanol (96 Prozent), 10 Prozent 1-Propanol und Phosphorsäure – habe eine ausreichende Neutralisation bewirkt. „Wir konnten zeigen, dass HEV den meisten gängigen Händedesinfektionsmitteln widerstehen kann“, schlussfolgern die Wissenschaftler:innen. Unter Zugabe von verschiedenen Säuren wie Phosphorsäure konnte die viruzide Wirkung des Alkohols jedoch verstärkt werden.
HEV: Übertragung und Symptome
Als Hauptübertragungsquelle für HEV gilt in Deutschland und Europa Schweine- und Wildfleisch. Wird dieses roh verzehrt oder nicht korrekt gegart, haben die Erreger leichtes Spiel. Die Folge: Die Viren können eine Leberentzündung verursachen. Symptome sind eine Dunkelfärbung des Urins, die Entfärbung des Stuhls, Fieber, Beschwerden im Oberbauch, Müdigkeit und Appetitlosigkeit. Während die Infektion bei den meisten Betroffenen symptomlos bleibt, sind Personen mit geschwächtem Immunsystem besonders gefährdet für Folgeerscheinungen wie eine Leberzirrhose.
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