Im Rahmen einer Fachpressekonferenz zum Thema „Grippesaison trifft Covid-19-Pandemie: Wie die Grippeimpfung den Einzelnen schützt und das Gesundheitssystem entlastet“ hat der Impfstoffhersteller Seqirus verschiedene Experten um eine Einschätzung gebeten. Das Fazit: Die Grippeimpfung sei in der Corona-Pandemie besonders wichtig. Doch warum?
„Die Grippeimpfung wird dazu beitragen, die Bevölkerung zu schützen, die Belastungen durch die Influenza auf das Gesundheitssystem zu minimieren und so die Kapazitäten für Covid-19-Patienten sichern“, erklärt Deborah DiSalvo, Geschäftsführerin von Seqirus Deutschland. Zumindest in Australien scheinen viele Bürger*innen diese Ansicht zu teilen. Laut Jonathan Anderson, Senior Medical Director Asia-Pacific Seqirus, hat die Corona-Pandemie dort zu einer deutlich verstärkten Nachfrage nach Grippeimpfungen geführt, sodass in dieser Saison bereits rund 36 Prozent mehr Patient*innen geimpft wurden als zuvor.
In Deutschland fallen sowohl die Durchimpfungsrate als auch die Impfbereitschaft im internationalen Vergleich dagegen eher gering aus. In der Grippesaison 2018/19 ließ sich beispielsweise nur rund ein Drittel (35 Prozent) der Menschen über 60 Jahre impfen, bei Personen mit Vorerkrankungen schwankte der Anteil zwischen 20 und 50 Prozent, obwohl die Ständige Impfkommission (STIKO) für diese Bevölkerungsgruppen eine Influenzaimpfung empfiehlt.
Geringe Durchimpfungsrate aufgrund widersprüchlicher Informationen?
Professor Dr. med. Klaus Wahle, Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin sowie Diabetologie und ehemaliges Mitglied der STIKO, bezeichnet die geringe Durchimpfungsrate als „Katastrophe“. Den Grund dafür sieht er unter anderem in den widersprüchlichen Informationen zum Thema. So würde oft behauptet, die Influenzaimpfung sei wirkungslos oder gar unnötig, da viele Menschen ohnehin nicht schwer erkranken würden. Seiner Meinung nach müssten unter anderem Ärzte hier für Aufklärung sorgen. „Wichtig sind gezielte Informationen für Patient*innen. Eine Grippeimpfung bietet keinen gesicherten Schutz vor einer Erkrankung, sie schützt jedoch vor schweren Verläufen oder gar Todesfällen“, erklärt er. Dies müsse man der Bevölkerung klarmachen, um die Impfbereitschaft zu erhöhen.
Entscheidend sei außerdem, für unterschiedliche Patientengruppen auch die richtigen Impfstoffe auszuwählen. Allein Seqirus liefert beispielsweise mit Fluad Tetra eine Vakzine speziell für Erwachsene ab 65 Jahren sowie mit Flucelvax Tetra einen Impfstoff, der bereits ab zwei Jahren zum Einsatz kommen soll. „Bisher fehlt uns noch DER eine ultimative Impfstoff, doch wir kommen dem Ziel jede Saison ein Stück näher“, so Wahle weiter.
Dass die vorhandenen Impfdosen vielerorts bereits knapp sind beziehungsweise auf die zusätzlich beschafften Reserven zurückgegriffen werden muss, ist Wahle zufolge darauf zurückzuführen, dass Ärzte die voraussichtlich benötigten Impfdosen in Deutschland bereits im Februar vorbestellen müssen. Zwar ist dieses Vorgehen auch in anderen Ländern üblich, in Australien gibt es jedoch laut Anderson zusätzlich eine zentrale Vergabestelle von staatlich bestellten Impfdosen. „Davon können wir in Deutschland lernen“, so Wahle.
Grippeimpfung in der Corona-Pandemie: Schutz gegen Influenza und SARS-CoV-2?
Auch die Frage, ob eine Grippeimpfung in der Corona-Pandemie ebenfalls vor SARS-CoV-2 schützen könnte, diskutierten die Expert*innen im Rahmen der Konferenz. Dies lässt sich Dr. Raja Rajaram, Head of Medical Affairs for Europe und Middle East, zufolge bisher nicht eindeutig beantworten. So seien Co-Infektionen mit beiden Erregern zwar grundsätzlich möglich, bisher jedoch vergleichsweise selten zu beobachten. Ob sich dies auf den Schutz der Grippeimpfung zurückführen lasse oder auf andere Faktoren wie ein stärkeres Immunsystem oder ähnliches, ist derzeit nicht belegt.
Dennoch sind sich alle Expert*innen einig: Die Bedeutung der Grippeimpfung hat sich in der Corona-Pandemie noch einmal erhöht. Damit dies auch wirklich in der Bevölkerung ankommt, brauche es von allen am Impfprozess Beteiligten valide Informationen für die Bürger*innen, einen niederschwelligen Zugang zu Impfungen sowie die gezielte Auswahl des passenden Impfstoffes für die unterschiedlichen Patientengruppen.
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