Unrühmlicher Titel: Die Kartoffel wurde zur Giftpflanze des Jahres 2022 gekürt. Denn während die Knollen in nahezu jeder Küche ihren festen Platz haben, bergen sie mitunter Vergiftungspotenzial. Schuld daran sind die Glykoalkaloide Solanin und Chaconin.
„Mit der Wahl der Kartoffel zur Giftpflanze des Jahres wollen wir auf die Giftwirkung in den grünen Pflanzenteilen und Früchten aufmerksam machen. Keinesfalls soll dieser Titel den Verzehr der leckeren stärkehaltigen Knollen beschränken“, begründet der Botanische Sondergarten Wandsbek in Hamburg, seine Entscheidung. Denn in Nachtschattengewächsen wie Kartoffeln oder Tomaten finden sich die Glykoalkaloide α-Solanin und α-Chaconin – laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) meist als Solanin zusammengefasst – wieder. Sie dienen dazu, Schädlinge und Krankheitserreger abzuwehren. Die natürlichen Toxine sammeln sich sowohl in den grünen Pflanzenteilen als auch in der Schale der Knollen. Das Problem: Dies kann auch für Menschen gefährlich werden. Denn bei übermäßigem Verzehr der Giftstoffe sind Vergiftungserscheinungen die Folge.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht von einem Grenzwert von 0,5 mg Glykoalkaloiden pro kg Körpergewicht und Tag aus. „Dies entspricht der höchsten Dosis, bei der keine unerwünschten gesundheitlichen Wirkungen beobachtet wurden“, heißt es. Um den Wert nicht zu überschreiten, empfiehlt das BfR, nur Speisekartoffeln mit einem Glykoalkaloidgehalt von weniger als 100 mg pro kg Frischgewicht zu verzehren.
Der Solanin-Gehalt ist besonders in Knollen, die bereits keimen oder sich grün verfärbt haben, erhöht. Daher sollten die entsprechenden Stellen entweder sehr großzügig weggeschnitten werden oder – bei starker Keimung und Verfärbung – die Kartoffeln nicht mehr genutzt werden. Denn das Glykoalkaloid Solanin gilt als äußerst hitzebeständig und wird erst ab einer Tempeartur von über 240 Grad zerstört. Kochen allein reicht also nicht, um den Giftstoff unschädlich zu machen. Außerdem sollte die Schale nur bei frischen Kartoffeln mit unversehrter Schale mitverzehrt und das Kochwasser verworfen werden. Für Kinder ist die Schale dagegen tabu.
Tipp: Da es sich bei α-Solanin und α-Chaconin um Bitterstoffe handelt, ist ein bitterer Geschmack ein Indiz für einen erhöhten Gehalt.
Kommt es zur Vergiftung, zeigt sich dies in Beschwerden im Magen- und Darmtrakt mitsamt Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und eventuell Fieber. Halten diese länger an oder kommen Symptome wie Angstzustände, Schwäche, Apathie, Krämpfe und Sehstörungen hinzu, ist Arztrücksprache notwendig. Die gute Nachricht: Schwerere Vergiftungsfälle sind eher selten. „Die Toxizität kann davon abhängen, ob Glykoalkaloide chronisch in kleinen Dosen oder in einer akuten großen Dosis aufgenommen werden und ob andere Nahrungsinhaltsstoffe die Wirkung der Glykoalkaloide beeinflussen“, heißt es von der DGE.
Achtung: Werden Kartoffelgerichte zu hoch erhitzt, kann der krebserregende Stoff Acrylamid entstehen. Daher sollten beim Backen oder Frittieren Temperaturen von 180 Grad nicht überschritten werden.
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