Freie Tage, Boni und Co.: Wann können Vergünstigungen gestrichen werden?
Neben einem Gehaltsplus und der Jahressonderzahlung für tarifbeschäftigte PTA können Chef:innen ihren Angestellten weitere Vergünstigungen bieten. Dazu zählen unter anderem ein Personalrabatt, die Übernahme des ÖPNV-Tickets, Boni, Jubiläums- oder Urlaubsgeld. Ein genereller Anspruch darauf besteht jedoch nicht. Es gibt aber eine Ausnahme: die betriebliche Übung. Wann kann diese und damit verbundene Vergünstigungen gestrichen werden?
Zur Erinnerung: Als betriebliche Übung werden Regelungen verstanden, die über einen längeren Zeitraum (mindestens drei Jahre in Folge) regelmäßig und ohne Einschränkungen gelten. Wird beispielsweise seit zehn Jahren Ende Juni Urlaubsgeld in Höhe von 500 Euro an alle Apothekenangestellten gezahlt, können sie sich auch im elften Jahr darüber freuen – es sei denn, der/die Chef:in hat klargestellt, dass er/sie sich den Widerruf der entsprechenden Regelung vorbehält. Fehlt eine solche Formulierung, stellt sich die Frage, ob eine betriebliche Übung anderweitig aufgelöst und gewohnte Vergünstigungen so gestrichen werden können.
Vergünstigungen durch betriebliche Übung können nicht einfach gestrichen werden
Die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken ist schlecht und die Stimmung am Tiefpunkt. Kein Wunder, dass viele Chef:innen versuchen zu sparen, wo es geht. Und dazu gehört mitunter auch, dass Vergünstigungen für Mitarbeitende gestrichen werden sollen, beispielsweise weil sich Urlaubsgeld, Extras zum Geburtstag oder Boni finanziell nicht mehr stemmen lassen. Sind diese jedoch in Form einer betrieblichen Übung zum Standard geworden, handelt es sich dabei um eine vertragsähnliche Regelung und es wird es knifflig.
Denn dann braucht die Apothekenleitung das Einverständnis der Angestellten. Der Grund: Wie bei Änderungen des Arbeitsvertrags kann die Anpassung nicht einfach einseitig durch eine Partei – in diesem Fall den/die Arbeitgeber:in – zum Nachteil der anderen Partei erfolgen. Das zeigt auch ein Fall vor dem Arbeitsgericht Hannover. Dort hatte ein Angestellter gegen die Kürzung des Jubiläumsgeldes geklagt, das als Teil einer betrieblichen Übung für alle Angestellten ab zehn beziehungsweise 20 Jahren Betriebszugehörigkeit in einer festgeschriebenen Summe gezahlt wurde. Der Arbeitgeber wollte den Betrag aber plötzlich senken. Zu Unrecht, denn die betriebliche Übung konnte nicht einfach aufgehoben werden, entschieden die Richter:innen.
Statt einer einseitigen Änderung müssen sich beide Seiten einig sein. Ist dies nicht der Fall, bleibt nur eine Änderungskündigung, damit Vergünstigungen gestrichen werden können. Auch hier müssen Angestellte jedoch zustimmen oder die Apotheke verlassen.
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