Finnland: Aus für Metamizol
Unter Metamizol werden noch immer Fälle einer Agranulozytose gemeldet. Finnland reagiert – das einzige Metamizol-haltige Arzneimittel soll vom Markt verschwinden. Der pharmazeutische Unternehmer hat die Rücknahme der Zulassung beantragt – aus Sicherheitsgründen.
Agranulozytose und hypotensive Reaktion gehören zu den bekannten schwerwiegenden Nebenwirkungen von Metamizol. Die Indikationen wurden eingeschränkt. Das nicht-opioide Pyrazolonderivat ist nur zur Behandlung von starken Schmerzen zugelassen. Hierzu gehören akute Schmerzen nach Verletzung oder Operation, Schmerzen bei Koliken und Tumorschmerzen. Bei anderen starken akuten oder chronischen Schmerzen darf Metamizol nur angewendet werden, wenn andere therapeutische Maßnahmen nicht angezeigt sind. Außerdem kann der Wirkstoff bei hohem Fieber, das nicht auf andere Maßnahmen anspricht, angewendet werden.
Und doch kommt es immer wieder zu Meldungen einer Agranulozytose. Auf Ersuchen Finnlands hat der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ein entsprechendes Verfahren gestartet, das überprüft, ob die bestehenden Maßnahmen zur Minimierung des bekannten Risikos einer Agranulozytose möglicherweise nicht wirksam genug sind.
Eine Agranulozytose ist von einem Abfall der neutrophilen Granulozyten im peripheren Blut auf unter 500/µl gekennzeichnet. Betroffene haben ein hohes Infektionsrisiko. Der Pathomechanismus der Metamizol-assoziierten Agranulozytose ist nicht abschließend geklärt, so die AkdÄ. Möglich ist ein immunologisch vermittelter Prozess, bei dem ein reaktiver Metabolit von Metamizol an Neutrophile bindet. In der Folge wird die Bildung von Antikörpern sowie eine gegen neutrophile Granulozyten gerichtete T-Zell-Immunantwort induziert. Möglich ist das Auftreten einer Agranulozytose unter Metamizol bereits innerhalb der ersten Tage. In Untersuchungen konnte aber auch eine Agranulozytose im Median von sechs bis 13 Tagen nach Therapiebeginn dokumentiert werden. „Agranulozytosen treten unabhängig von der Metamizol-Dosis auf, was ebenfalls für einen immunologisch vermittelten Mechanismus spricht“, so die AdkÄ.
Der Ausschuss werde die Auswirkungen der Agranulozytose auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Arzneimittel bewerten und eine Empfehlung abgeben, ob ihre Zulassungen in der EU beibehalten, geändert, ausgesetzt oder widerrufen werden sollten.
Kein Metamizol mehr in Finnland
In Finnland wurden vor Kurzem die Maßnahmen zur Risikominimierung verschärft und Warnhinweise auf der Außenverpackung sowie Informationen in Patientenkarten vorgenommen. Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mitteilt, hat in Finnland nach den jüngsten Fallberichten der pharmazeutische Unternehmer, der das einzige in Finnland zugelassene Metamizol-haltige Arzneimittel vertreibt, die Rücknahme seiner Zulassung aus Sicherheitsgründen beantragt.
Bei dem Arzneimittel handelt es sich um ein Kombinationspräparat aus Metamizol und dem Spasmolytikum Pitofenon. Litalgin wird zur Behandlung von Kolikschmerzen und Blasenkrämpfen angewendet.
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