Königsdisziplin mit Stolpersteinen: Die Herstellung von Individualrezepturen wie beispielsweise Augentropfen, Cremes, Zäpfchen oder Kapseln ist unverzichtbar. Für ausgebildete PTA ist die Herstellung von Individualrezepturen Tagesroutine. Gefragt sind nicht nur Wissen und Fingerspitzengefühl, sondern auch ein klarer Kopf, denn in der Rezeptur lauern verschiedene Fehler.
Achtung, Verwechslungsgefahr!
Sogenannte Soundalikes von Wirkstoffen können zu Verwechslungen führen. Vor allem bei den Kortikoiden sind diese möglich. Beispielsweise bei Betamethason, Bethametason-17-valerat oder Betamethason-21-valerat. Die Wirkung bleibt beispielsweise aus, wenn anstelle von Triamcinolonacetat das topisch unwirksame Triamciolon verarbeitet wird. Unterschiede kann es auch bei den Löseeigenschaften geben. Ein Beispiel ist Hydrocortison und Hydrocortisonacetat. Letzteres ist beispielsweise oxidatiosstabiler bei höheren pH-Werten sowie prooxidativen Faktoren.
Einwaagekorrekturfaktor nicht vergessen
Soll der Korrekturfaktor (f) berechnet werden, wird der geforderten Gehalt (in der Regel 100 Prozent) und der Ist-Gehalt der Wirkkomponente benötigt. Die Formel lautet: „f = Soll-Gehalt durch Ist-Gehalt“. Der Korrekturfaktor wird immer mit drei Nachkommastellen angegeben. Die geforderte Menge wird mit dem Faktor multipliziert und die resultierende Masse eingewogen und schließlich rückgewogen.
Rechenhilfe Nystatin
Für Nystatin wird der Wirkstoffgehalt oft als Aktivität in I.E./mg angegeben. Bei der Berechnung der Wirkstoffmenge müssen Wassergehalt der aktiven Substanz und Aktivität der verwendeten Charge berücksichtigt werden.
Ein Beispiel: Rezeptiert sind 70.000 I.E./g. Die Aktivität der Rezeptursubstanz beträgt laut Etikett 5906 I.E./mg und der Trocknungsverlust bei 2,5 Prozent.
Zuerst wird der Trocknungsverlust von der Aktivität abgezogen:
5906 – 2,5 Prozent ergeben eine Aktivität von 5758 I.E./mg, dies entspricht 5.758.000 I.E./g
Im Anschluss wird die Aktivität mit der geforderten Aktivität gleichgesetzt
5.758.000 I.E. = 1 g
70.000 I.E. = x g, daraus ergibt sich ein Wert von 0,012157, der noch auf die Gesamtmenge hochgerechnet werden muss. Somit müssen 0,6078 g eingewogen werden.
Rechenfehler nicht ausgeschlossen
Potentielle Fehlerquellen sind Komma- oder Umrechnungsfehler sowie die Verwechslung von Masse- und Prozentangaben.
Wägefehler
Wägefehler können verschiedenen Ursachen haben. Entscheidend ist neben der Wahl der richtigen auch Waage auch deren Platz. Waagen sollten an einem erschütterungsarmen, temperaturstabilen und zugfreien Platz stehen. Außerdem sollten die Waagen justiert und kalibriert und auf die regelmäßige Eichung geachtet werden.
Fein- beziehungsweise Analysenwaagen: Eichwert bei ≥ 0,001 g
Präzisionswaagen: Eichwert ≤ 0,01 g
Für die Einwaage sollten antistatische Wägeschälchen zum Einsatz kommen und um auf Nummer sicher zu gehen, zurückgewogen werden.
Die Wahl der Herstellungsmethode
Mit oder ohne Wärme? Fantaschale oder Rührgerät? Die richtige Herstellungsmethode kann für die Qualität der Individualrezeptur entscheidend sein. Werden halbfeste Zubereitungen in automatischen Rührsystemen hergestellt, müssen empfohlene Umdrehungszahl und die Rührzeit beachtet werden. Zu viele Umdrehungen können zu einer mechanischen Erwärmung führen; bei thermolabilen Substanzen kann das von Nachteil sein.
Plausicheck
Vor jeder Herstellung müssen Rezepturen auf Plausibilität untersucht werden. Möglich sind lavierte, also versteckte, nicht sofort erkennbare Probleme und manifeste, also sofort erkennbare Inkompatibilitäten. Kationische Wirkstoffe sollten nicht mit anionischen Wirkstoffen kombiniert werden. Tabu ist ebenfalls die Verarbeitung von phenolischen oder grenzflächenaktiven Stoffe mit nichtionischen PEG-haltigen Hilfsstoffen oder Celluloseethergelen. Grenzflächenaktive Stoffe sollten nicht mit wasserhaltigen, lipophilen Cremes (W/O) kombiniert werden. Salben und Cremes sollten nur mit identischen Systemtypen gemischt werden. Eine entscheidende Rolle bei der Rezepturherstellung spielt außerdem der pH-Wert.
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