Die Sonnenstrahlen locken uns ins Freie. Doch ein Bad in der Sonne kann Folgen haben. Wer Arzneimittel anwendet und unbeschwert die Sonne genießen will, sollte seine Medikation checken, denn einige Wirkstoffe können die Haut lichtempfindlicher machen und photoallergische oder phototoxische Reaktionen auslösen.
Theoretisch können viele Arzneimittel, die häufig verordnet werden – sowohl topisch als auch systemisch anwendbar – die Haut lichtempfindlicher machen. Einer im vergangenen Jahr im Fachmagazin „Journal of the European Academy of Dermatology and Venerology“ veröffentlichte Studie zufolge, enthält beinahe jede zweite in Deutschland und Österreich zulasten der Kasse abgegebene Packung einen photosensibilisierenden Arzneistoff.
Die Studie untersuchte die Zahl der zwischen 2010 und 2017 in Deutschland und Österreich zulasten der Kassen abgegebenen Packungen potenziell photosensibilisierender Arzneimittel. Außerdem wurde für jedes Medikament ein Indikator für das Photosensibilisierungspotenzial auf der Grundlage der Anzahl der Berichte über eine Photosensibilität in der Literatur erstellt. Diese Analyse umfasst Präparate von etwa 632.826.944 Medikamentenabgaben pro Jahr in Deutschland und etwa 113.270.754 in Österreich. Der mittlere Prozentsatz der Medikamente, bei denen Lichtempfindlichkeit als mögliche Nebenwirkung auftritt, liegt in Deutschland bei 49,5 Prozent und in Österreich bei 48,2 Prozent. Zwei Wirkstoffklassen stechen besonders heraus – Diuretika und nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR).
Die Forscher konnten insgesamt 387 pharmazeutische Verbindungen identifizieren, die damit in Verbindung gebracht wurden, dass sie die Haut lichtempfindlicher machen können.
Photallergisch und phototoxisch
Arzneimittel können photoallergische und phototoxische Reaktionen verursachen, wobei letztere meist ohne Senibilisierungsphase unmittelbar nach der Sonnenexposition auftreten können. Die Hautreaktionen sind dabei auf die Bereiche begrenzt, die der Sonne ausgesetzt sind. Photoallergische Reaktionen hingegen können erst bei wiederholter Sonnenexposition auftreten. Der auslösende Wirkstoff bindet in der Haut an Proteine und bildet Antigene, die bei erneuter Aussetzung zu einer Reaktion führen können. Die Symptome können nicht nur an den Hautstellen auftreten, die der Sonne ausgesetzt waren, sondern am ganzen Körper.
Photosensibilisierende Wirkstoffe
- Diuretika wie Hydrochlorothiazid, Furosemid, Spironolacton, Torsasemid oder Triamteren und Xipamid stehen ganz oben in der Liste der Auslöser. Sie erhöhen die Lichtempfindlichkeit zwar nur in geringem Maße, werden aber häufig verordnet.
- Arzneimittel zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Amiodaron, Amlodipin, Enalapril, Lisinopril oder Ramipril, Captopril, Enalapril oder auch Nifedipin sowie die Sartane können Auslöser für allergische Reaktionen sein.
- Der Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel kann die Haut ebenfalls lichtempfindlicher machen.
- Entzündungshemmende Wirkstoffe, NSAR und Coxibe wie Naproxen, Ketoprofen, Diclofenac und Ibuprofen sowie Celecoxib besitzen photosensibilisierende Eigenschaften – ebenso Mesazalin. Unter einer Behandlung mit den entzündungshemmenden Arzneistoffen sind starke photochemische Hautreaktionen vor allem dann möglich, wenn sie regelmäßig und in hohen Dosen eingenommen werden. Auch die Triptane Suma-, Nara- und Zolmitriptan können der Studie zufolge, die Haut lichtempfindlicher machen.
- Proteinkinasehemmer wie Dasatinib, Imatinib und Gefitinib sowie monoklonale Antikörper wie Trastuzumab, Nivolumab und Eculizumab gehören ebenfalls zu den photosensibilisierenden Wirkstoffen.
- Antiepileptika wie Valproinsäure, Carbamazepin, Lamotrigin oder Phenytoin besitzen ein besonders hohes Potential.
- Antibiotika aus der Gruppe der Gyrasehemmer, Tetrazykline oder Sulfonamide wie zum Beispiel Doxycyclin oder Ciprofloxacin.
- Antimykotische Wirkstoffe wie Ketoconazol, Itraconazol und Terbinafin.
- Antidepressiva und Antipsychotika wie Amitriptylin oder Promethazin können die Haut ebenfalls lichtempfindlicher machen.
- Antiallergika wie Diphenhydramin, Cetirizin und Loratadin.
- Hormonpräparaten, die Estrogene oder Progesteron sowie Hydrocortison und Melatonin enthalten.
- Die Protonenpumpenhemmer (PPI) Esomeprazol, Pantoprazol und Rabeprazol.
- Allopurinol, Febuxostat und Colchicin, die gegen Hyperurikämie zum Einsatz kommen.
- Johanniskraut ist der wohl bekannteste Auslöser für eine Photosensibilierung. Das enthaltene Hypericin kann zum sogenannten Hypericismus führen. Jedoch ist mittlerweile umstritten, ob die bei Depressionen verabreichten Dosen ausreichen, um wirklich zu Beschwerden zu führen.
- Salben und Cremes mit Corticosteroiden, Isotretinoin oder Methoxalen können in Kombination mit starker UV-Strahlung gefährlich sein.
Wer ein Medikament einnehmen muss, das die Haut empfindlicher macht, sollte einen ausreichenden Sonnenschutz verwenden und in der Mittagszeit die Sonne meiden. Die Hautreaktionen werden vor allem durch den UV A-Anteil des Sonnenlichts ausgelöst. Dieser wird durch Glas oder dünne Kleidung nicht abgehalten. In Rücksprache mit dem Arzt kann womöglich die Dosis auf ein Minimum reduziert werden.
So äußert sich die Lichtempfindlichkeit
Machen Arzneimittel die Haut lichtempfindlicher, kann diese sich stark röten. Außerdem sind Blasenbildung, Ausschlag oder Schuppung mögliche Folgen. Langfristig kann eine Fehlpigmentierung der Haut mit hellen (Hypopigmentierung) oder dunklen (Hyperpigmentierung) Flecken auftreten. Die langwelligere UVA-Strahlung kann komplizierte chemische Reaktionen in Gang setzen, denn die Arzneistoffe vermögen Photonen aus der UV-Strahlung zu absorbieren. Dadurch gelangen sie kurzzeitig in einen angeregten energetischen Zustand. Wird dieser wieder verlassen, wird die überschüssige Energie in Form von Wärmeenergie abgegeben. Dieser Hitzeüberschuss führt zu Hautreizungen und Hautschäden.
Ob eine solche Reaktion entsteht, hängt von den Eigenschaften der Haut und des Wirkstoffes ab. So spielen Hautdicke, Körpertemperatur und Behaarung eine Rolle. Beim Wirkstoff fallen die chemischen und physikalischen Eigenschaften wie pH-Wert oder Lipophilie ins Gewicht. Aber auch die Art der Applikation sowie die Wirkstoffkonzentration und die verwendeten Hilfsstoffe können entscheidend sein.
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