Eigentlich wollte die Abda in die Offensive gehen und „laut werden“ – eigentlich. Doch das kann noch ein wenig dauern. Die Kampagne zum Apothekenhonorar ist auf den Herbst verschoben. Das kann Christian Reichert, Inhaber der Hardtwald-Apotheke in Friedrichsdorf-Seulberg bei Frankfurt am Main „überhaupt nicht nachvollziehen“ und wendet sich mit „Fassungslosigkeit“ in einem offenen Brief an Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening.
„Wir müssen laut werden. Wir werden überall in Erscheinung treten. Wir werden die Regierung und die Politik immer wieder mit uns konfrontieren. Niemand kann sich wegducken, niemand kann mehr sagen, das haben wir nicht gewusst. Wir bringen die Arzneimittelversorgung in das politische Spielfeld,“ schwor die Abda-Präsidentin die Apothekerschaft Mitte März ein. Die Arzneimittelversorgung sei wie Strom aus der Steckdose – einfach da, so die öffentliche Wahrnehmung. Die Adba plant die direkte Ansprache, Social Media-Kampagnen und Aktionen im öffentlichen Raum. Doch nicht sofort. Das sorgt für Ärger unter den Kolleg:innen.
Abda lässt Apotheken im Stich
„Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ich empfinde es als Frechheit, wie ich und andere Apothekenleiterinnen und -leiter von Seiten der Abda und von Ihnen persönlich im Stich gelassen werden“, so Reichert. Seit 2004 habe sich das Apothekenhonorar gerade einmal um 3 Prozent erhöht. „Inflationsbereinigt schätzungsweise halbiert.“ Und auf der anderen Seite steigen gleichzeitig seit Jahren die Kosten und kommen mehr und mehr Aufgaben dazu, „die einfach nur Zeit und Geld kosten, aber nichts bringen. Stichwort Präqualifizierung, Dokumentationen.“
50 Cent sind Frechheit
In der Pandemie sind Apotheken eingesprungen und hätten gezeigt, wie wichtig sie sind und was sie leisten können. „Nun, da alle sich in Gehaltsverhandlungen befinden, bekommen wir unser Honorar auch noch gekürzt, durch die Erhöhung des Kassenabschlags. Und die angebotenen 50 Cent für unsere Mehrarbeit bzgl. Versorgung bei Lieferschwierigkeiten, sind eine Frechheit.“
„Aber das wissen Sie ja alles selbst“ – mahnt Reichert und macht seinem Ärger Luft. „Es ist wirklich das Letzte. Aber das Allerletzte ist es, dass wir uns dagegen nicht lautstark und mit dem nötigen Druck wehren. Und genau deshalb verstehe ich nicht, warum Sie uns Apothekerinnen und Apotheker nicht ‚in die Schlacht‘ führen. Das wäre jetzt Ihr Job. Dafür stehen Sie an der Spitze der Abda.“
Was nichts kostet, ist nichts wert, so der Apotheker. „Wir müssen deutlich zeigen, dass wir etwas wert sind und wieviel. Eine Liste mit Forderungen zu veröffentlichen, interessiert da wirklich keinen.“
Ohne Protestaktion geht nichts
Es helfe nichts, es müsse öffentlichkeitswirksam sein und weh tun. Bundesweit. „Da muss man dann mal streiken und die Apotheken schließen. Wenn wir nicht mal zeigen, was in Deutschland fehlt, wenn wir Apotheken nicht mehr da sind, dann hört uns keiner zu. Wenn wir uns jetzt nicht bewegen und ‚Protestaktionen‘ nur verschieben, wird nichts erreicht“, appelliert Reichert.
Zum Schluss bittet der Apotheke die Abda-Präsidentin dringend: „Setzen Sie sich so für unseren Berufsstand ein, dass es auch Erfolg haben kann. So wie es bisher läuft, passiert gar nichts. Im Gegenteil, wir werden ausgelacht.“
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