Die Corona-Krise fordert besondere Maßnahmen, auch von den Kassen. Nachdem die AOK Rheinland/Hamburg vor wenigen Tagen die Abgaberegeln für Apotheker gelockert hat, ziehen nun die Ersatzkassen nach. Wie der Verband der Ersatzkassen (vdek) informiert, wurde für rund 28 Millionen Versicherte eine Sonderregelung getroffen.
„Um die Zahl der Personenkontakte in Apotheken zu reduzieren und damit das Risiko einer Infektion mit dem neuen Corona-Virus (SARS-CoV-2) zu verringern, lockern die Ersatzkassen […] die Regelungen zur Abgabe von Arzneimitteln“, teilt der vdek mit. Die Lockerungen bei der Abgabe gelten für Versicherte von TK, Barmer, DAK-Gesundheit, KKH, hkk und HEK.
Was ändert sich?
Apotheker können ab sofort bei Versicherten der Ersatzkassen statt dem Rabattpartner auch ein nicht-rabattiertes Arzneimittel abgeben. Möglich ist die Abweichung vom Rabattvertrag unter folgender Bedingung: „Dies gilt dann, wenn das rabattierte Medikament in der Apotheke, die der Patient aufsucht, nicht mehr vorrätig ist.“
Die Einigung soll verhindern, dass die Betroffenen die Apotheke ein weiteres Mal aufsuchen müssen, um das bestellte Medikament abzuholen oder eine andere Apotheke aufsuchen müssen, um versorgt zu werden.
Die Regelung ist zunächst bis zum 30. April 2020 befristet.
Das muss auf das Rezept
Ist ein rabattiertes Arzneimittel in der Apotheke nicht vorrätig, handelt es sich infolge der Lockerung um einen dringenden Fall. Folglich müssen die Sonder-PZN 02567024 und der zugehörige Faktor 5 oder 6 auf das Rezept gedruckt werden. Die Apotheke darf zwar ein nicht-rabattiertes Arzneimittel abgeben, muss aber die Vorgaben des Rahmenvertrags einhalten! Es empfiehlt sich, einen zusätzlichen handschriftlichen Vermerk vorzunehmen.
Faktor 5: Rabattarzneimittel ist nicht vorrätig und eine Abgabe muss aufgrund eines dringenden Falles sofort erfolgen
Was ist zu tun? Sonder-PZN plus Faktor 5 aufdrucken und eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel/einen preisgünstigen Import abgeben. Der Kandidat darf nicht teurer als das verordnete Arzneimittel sein.
Faktor 6: Rabattarzneimittel und die vier preisgünstigsten Arzneimittel/preisgünstigsten Importarzneimittel sind nicht vorrätig. Ein Aufschub der Abgabe ist aufgrund eines dringenden Falles nicht möglich
Was ist zu tun? Abgabe des nächstpreisgünstigen vorrätigen Arzneimittels (Generikamarkt) beziehungsweise eines Referenzarzneimittels oder Imports. Aufdrucken von Sonder-PZN und Faktor 6 nicht vergessen. Wie auch sonst gilt: Das abgegebene Medikament darf nicht teurer als das verordnete sein.
Achtung! Gemäß § 17 ist im dringenden Fall eine Abweichung von der verordneten Packungsgröße möglich, wenn die verordnete Packungsgröße in der Apotheke nicht vorrätig ist
Liegt eine Akutversorgung vor oder erfolgt die Abgabe im Notdienst und sind kein Aufschub der Versorgung und keine telefonische Rücksprache mit dem Arzt möglich, gelten bei einer nicht eindeutig bestimmten Verordnung Ausnahmen. Zu finden sind diese in § 17 Rahmenvertrag:
- Widersprechen sich Stückzahl und Normbereich, gilt die verordnete Stückzahl.
- Wurden weder Stückzahl noch Normbereich verordnet, darf die kleinste vorrätige Packung abgegeben werden. Allerdings darf nicht mehr als die mit dem kleinsten N-Kennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung in Vertrieb befindliche Packung geliefert werden.
- Ist die Normgröße verordnet, aber keine entsprechende Packung vorrätig oder definiert, darf eine Packung aus dem nächstkleineren N-Bereich abgegeben werden. Ist diese nicht in der Apotheke vorrätig, darf die kleinste vorrätige normierte Packung geliefert werden. Hat die Apotheke auch diese nicht an Lager, ist die kleinste vorrätige Packung, jedoch nicht mehr als die dem verordneten Normbereich zugeordnete Menge, abzugeben.
- Ist eine Stückzahl verordnet, aber die entsprechende Packung nicht vorrätig, darf die nächstkleinere vorrätige Packung zulasten der Kasse abgerechnet werden.
Nicht vergessen: Die Verordnung ist zeilenweise zu betrachten und die jeweils rezeptierte Anzahl an Packungen abzugeben.
Sonderregel ist Schutzmaßnahme
Insbesondere für ältere und vorerkrankte Patienten ist die Regelung eine Schutzmaßnahme. „Die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Ersatzkassen leisten ihren Beitrag dazu, wo immer es möglich ist. Mit der kurzfristig getroffenen Regelung zur Arzneimittelabgabe schützen wir insbesondere ältere und vorerkrankte Patienten, die Apotheken besonders häufig aufsuchen. Zugleich ist es ein Beitrag zur Verringerung des allgemeinen Infektionsrisikos“, erklärt die Vorstandsvorsitzende des vdek, Ulrike Elsner.
Die Apotheken sind in Deutschland ansonsten grundsätzlich gesetzlich verpflichtet, bevorzugt rabattierte Arzneimittel an die Versicherten abzugeben.
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