Emla statt Panthenol: Säugling erleidet Sauerstoffmangel
Methämoglobinämie nach Überdosierung: Wie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) informiert, musste ein Säugling aufgrund einer Überdosierung von Emla-Creme (Lidocain/Prilocain, Aspen) auf der Intensivstation behandelt werden. Ursache war ein Sauerstoffmangel, der mit der Fehlanwendung einherging. In diesem Zusammenhang informiert die AkdÄ über das Risiko einer Methämoglobinämie.
Die AdkÄ beschreibt den Fall eines sieben Monate alten Jungen, der im Rahmen der postoperativen Wundpflege mit Panthenol behandelt wurde. Als die Tube jedoch aufgebraucht war, wurde von den Eltern im Zuge des Windelwechsels Emla-Creme aufgetragen. Die Packung zu 30 g hatte die Familie im Haus, weil dem Säugling das Arzneimittel vor der Operation verordnet wurde. Zwei Tage später entwickelte der Junge eine Zyanose, bei der sich Fingerspitzen, Lippen, Schleimhaut oder Haut bläulich verfärben können.
Methämoglobinämie als Ursache
Eine Methämoglobinämie ist für Emla-Creme als seltene Nebenwirkung, die Ursache einer Überdosierung sein kann, in der Fachinformation aufgeführt. Die Lidocain- und Prilocain-haltige Creme (LP-Cremes) wird zur Oberflächenanästhesie der Haut bei verschiedenen Eingriffen angewendet.
Der Methämoglobin (Met-Hb)-Anteil im Blut des Säuglings lag bei 25,2 Prozent. Als Referenzwert gilt ein Anteil von 0,0 bis 1,5 Prozent, physiologsich ist ein Wert von1 Prozent. Außerdem hatte der Junge eine Sauerstoffsättigung von minimal 73 Prozent. Der kleine Patient musste auf der Intensivstation mit Sauerstoff behandelt werden. Daraufhin stieg die Sauerstoffsättigung an und der Junge konnte bereits am Folgetag aus der Klinik entlassen werden.
Was war passiert?
Met-Hb entsteht durch Oxidation von zwei- zu dreiwertigem Eisen im roten Blutfarbstoff Hämoglobin. Met-Hb kann keinen Sauerstoff binden und somit auch keinen transportieren. Das Enzym NADH-Cytochrom-b5-Reduktase (Methämoglobin-Reduktase) reduziert Met-Hb wieder zu Hb. Oxidierende Arzneimittel wie Prilocain oder dessen Metabolit O-Toluidin, sowie Lidocain – in geringem Maße – können die Entstehung von Met-Hb erhöhen. Wird die Kapazität der NADH-Cytochrom-b5-Reduktase überschritten, kann eine Methämoglobinämie die Folge sein. Die Gabe von Sauerstoff kann die Umwandlung von Met-Hb zu Hb beschleunigen.
Fetales Hb wird leichter zu Met-Hb oxidiert als adultes Hb. Außerdem arbeitet die NADH-Cytochrom-b5-Reduktase in den ersten vier bis sechs Monaten noch nicht auf dem Niveau eines Erwachsenen. Daher reagieren Säuglinge empfindlicher auf LP-Cremes als Erwachsene und es können häufiger Methämoglobinämien auftreten.
Anwendung von LP-Cremes im Säuglingsalter
LP-Cremes sollen bei Kindern unter drei Monaten nur als Einzeldosis bis 1 g und 10 cm2 für eine Stunde innerhalb von 24 Stunden aufgetragen werden. Bei älteren Kindern können im Abstand von zwölf Stunden maximal zwei Dosen innerhalb von 24 Stunden angewendet werden. Im Genitalbereich sollten LP-Cremes nur unter Aufsicht von medizinischem Fachpersonal angewendet werden.
Da die Produkte rezeptfrei in Apotheken erhältlich sind, sollte das pharmazeutische Personal die Kunden über das Risiko aufklären und entsprechend beraten.
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