Antibiotika gehören zu den Mitteln der Wahl, wenn es darum geht, bestimmte Erkrankungen zu bekämpfen. Doch sie bergen auch Risiken, darunter offenbar ein erhöhtes Darmkrebsrisiko. Die gute Nachricht: Im Zuge der Corona-Krise wurden in Europa rund 18 Prozent weniger Antibiotika eingenommen als zuvor.
Seit Jahren mahnen Expert:innen zur Vorsicht bei der Verordnung von Antibiotika. Denn ein übermäßiger Konsum kann dazu führen, dass sich zunehmend Resistenzen gegen die Wirkstoffe bilden und so bestimmte Erreger in Zukunft schwerer behandelt werden können. Hoffnung machte zuletzt ein Bericht der Techniker Krankenkasse, wonach hierzulande während des ersten Lockdowns deutlich weniger Antibiotika verordnet wurden. Ein Trend, der sich offenbar auch in Europa fortsetzt. Das geht aus aktuellen Zahlen des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) hervor. Es gibt jedoch einen Haken.
Die gute Nachricht zuerst: Zwischen 2019 und 2020 ist der Verbrauch von Antibiotika zur Primärversorgung in vielen europäischen Ländern um rund 18 Prozent zurückgegangen. So sank die Zahl der eingenommenen Dosen von 19,9 DDD (defined daily doses = definierte Tagesdosen) pro 1.000 Einwohner:innen und Tag auf 16,4 DDD pro 1 000 Einwohner:innen und Tag. Grund dafür ist offenbar die Corona-Pandemie. So hätten einerseits Maßnahmen wie Abstands- und Hygieneregeln dazu geführt, die Zahl der Atemwegserkrankungen einzudämmen. Andererseits seien wahrscheinlich weniger Menschen mit leichten Beschwerden zum Arzt gegangen. „Dies hat höchstwahrscheinlich dazu geführt, dass weniger Antibiotika für leichte und selbstlimitierende Infektionen verschrieben wurden, was sich in Ländern, in denen vor der COVID-19-Pandemie ein übermäßiger und unangemessener Einsatz üblich war, stärker bemerkbar machte“, heißt es in einer Mitteilung der ECDC.
Zum Aufatmen ist es jedoch zu früh. Das Problem: Während in einigen europäischen Ländern im letzten Jahr weniger Antibiotika eingenommen wurden, ist der Konsum in anderen Ländern offenbar sogar gestiegen. „Wir wissen, dass der Zugang zu Antibiotika ein großes Problem darstellt, dass es in Teilen der Europäischen Region immer noch rezeptfreie Verkäufe gibt und dass die verfügbaren Antibiotika oft diejenigen sind, die mit dem höchsten Risiko einer Resistenzentwicklung verbunden sind“, erklärt Dr. Hans Henri Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa.
Folglich ist das Niveau an Resistenzen laut den Expert:innen weiterhin hoch. „Die antimikrobielle Resistenz ist eine stille Pandemie, die hier und jetzt stattfindet. Obwohl der Antibiotikaverbrauch während der Pandemie in der EU/im EWR generell zurückging, müssen wir unsere Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit verstärken“, fordert Stella Kyriakides, EU-Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit daher. Denn wenn bestimmte Antibiotika nicht mehr wirksam seien, gebe es für bestimmte Erkrankungen nur noch begrenzte Behandlungsmöglichkeiten.
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