Ob unter der Behandlung mit Doxycyclin das Suizidrisiko erhöht ist, haben Expert:innen der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) untersucht und machen nun deutlich: Ein Zusammenhang ist nicht belegt.
Vor rund einem Jahr hat der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ein Verfahren gestartet, bei dem der Zusammenhang zwischen der Anwendung von Doxycyclin und einem vermeintlich erhöhten Risiko für Suizidalität, Selbstmordgedanken oder -handlungen überprüft wurde. Hintergrund waren Fallberichte der finnischen Arzneimittelbehörde und Fälle in der zentralisierten europäischen Datenbank für Meldungen vermuteter Nebenwirkungen (EudraVigilance) sowie in der medizinischen Literatur.
Nun geben die Expert:innen Entwarnung. Demnach stützen die derzeit verfügbaren Belege keinen Zusammenhang mit einem erhöhten Suizidrisiko unter Doxycyclin.
Doxycyclin gehört zu den Tetracyclinen und blockiert die Proteinsynthese von Bakterien, wodurch ihre Vermehrung gehemmt wird. Der Wirkstoff kommt zur Behandlung von bakteriellen Infektionen wie Harn-, Haut-, Zahn- und Atemwegsinfekten, aber auch bei Erregern wie Chlamydien zum Einsatz. Doxycyclin-haltige Arzneimittel werden zudem zur Malariaprophylaxe eingesetzt.
Kein Beleg für erhöhtes Suizidrisiko unter Doxycyclin
Im Rahmen des im November 2023 begonnenen Verfahrens hatte der PRAC die Zulassungsinhaber Doxycyclin-haltiger Arzneimittel aufgefordert, eine kumulative Überprüfung der Daten aus allen relevanten Quellen durchzuführen. Außerdem wurde über das EU-weite Koordinierungszentraum Data Analysis and Real World Interrogation Network (DARWIN EU) eine weitere Studie angefordert, um die Sicherheitsbewertung zu unterstützen.
Das Ergebnis: Ein erhöhtes Suizidrisiko unter Doxycyclin konnte nicht belegt werden. „Nach Überprüfung aller verfügbaren Beweise aus Spontanberichten, der Literatur, der Diskussion über mögliche Mechanismen und der über DARWIN EU durchgeführten Studie kam der PRAC zu dem Schluss, dass die Beweise nicht ausreichen, um einen Kausalzusammenhang festzustellen“, heißt es in einer Mitteilung der EMA. Eine entsprechende Anpassung der Fach- und Gebrauchsinformationen ist demnach nicht erforderlich.
Dennoch werden Suizid-bedingte Ereignisse im Zusammenhang mit Doxycyclin weiterhin genau überwacht und alle neuen Erkenntnisse in den regelmäßigen Periodic Safety Update Reports (PSURs) der EMA besprochen.
Lieferengpässe bei Doxycyclin
Verschiedene Doxycyclin-haltige Arzneimittel sind weiterhin auf der Liste der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldeten Lieferengpässe zu finden. Bereits im Sommer hatten die Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärzt:innen für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin, die Deutsche Aidshilfe und die Vertretung HIV-kompetenter Apotheken darauf hingewiesen, dass aufgrund von Engpässen bei Doxycyclin zu Einschränkungen bei der Behandlung von sexuell übertragbaren Infektionen komme.
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