Welche Darreichungsformen gegeneinander austauschbar sind, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in der Arzneimittelrichtlinie (AM-RL) festgelegt. So auch für den Wirkstoff Diclofenac. Das „Problem“: Die als austauschbar eingestuften Retardformulierungen unterscheiden sich in ihrer Freisetzung – Retard ist nicht gleich Retard.
Wirkstoffgleiche Arzneimittel, die in puncto verordneter Wirkstärke und Packungsgröße identisch sind, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen sind und die gleiche oder als austauschbar eingestufte Darreichungsform besitzen, können gegeneinander ausgetauscht werden. Die Regelungen zur Austauschbarkeit sind in der Anlage VII der AM-RL zu finden. Es gibt aber auch Arzneimittel, für die ein Austauschverbot gilt. Diese sind in der sogenannten Substitutionsausschlussliste aufgeführt.
Zurück zum Diclofenac. Für Diclofenac/Diclofenac Natrium gelten folgende Darreichungsformen als austauschbar: Retarddragees, Retardkapseln, Retardkapseln schnell, SL-Retardkapseln und Retardtabletten, Retardtabletten schnell. Doch bei den einzelnen Darreichungsformen gibt es Unterschiede in der Freisetzung.
Ein Beispiel sind SL (schnell-langsam freisetzende) Formulierungen: Diclofenac Ratiopharm 75 mg SL Retardkapseln enthalten 75 mg Diclofenac, davon sind 25 mg in magensaftresistenter Form und 50 mg in retardierter Form enthalten – somit wird ein Teil des Wirkstoffes schnell freigesetzt und ein schneller Wirkeintritt erreicht. Zum Vergleich: Diclo 75 SL 1 A Pharma Retardtabletten beinhalten 12,5 mg als schnell freisetzenden Wirkstoffanteil und 62,5 mg langsam freisetzend. Laut AM-RL wäre auch ein Austausch auf eine retardierte Formulierung möglich, wie Diclofenac-Natrium Micro Labs 75 mg Retardtabletten, bei denen allerdings kein schnell freisetzender Wirkstoffanteil enthalten ist. Somit ist das Präparat nicht geeignet, wenn ein rascher Wirkungseintritt gefragt ist. Und trotzdem dürften alle drei Präparate gegeneinander ausgetauscht werden.
Retard ist nicht gleich Retard: Was ist mit Rabattverträgen?
Liegt ein Rabattvertrag vor und soll ein SL-Retardpräparat gegen eine „normale“ Retardformulierung ausgetauscht werden, kann in der Apotheke der Austausch umgangen werden, wenn pharmazeutische Bedenken geltend gemacht werden – vorausgesetzt, die Substitution gefährdet die Therapie. Dazu werden die Sonder-PZN 02567024 und der Faktor 8: Pharmazeutische Bedenken gegen das Rabattarzneimittel oder Faktor 9: Pharmazeutische Bedenken gegen das Rabattarzneimittel (wenn ein Rabattvertrag vorliegt) und die vier preisgünstigsten Arzneimittel oder gegen das Rabattarzneimittel (wenn ein Rabattvertrag vorliegt) und die preisgünstigen Importe genutzt.
In jedem Fall ist ein Vermerk auf der Verordnung erforderlich, der abgezeichnet werden muss. Laut Rahmenvertrag muss die Apotheke die pharmazeutischen Bedenken auf dem Rezept konkretisieren. Haben mehrere Mitarbeiter:innen das Rezept bearbeitet, sind die pharmazeutischen Bedenken separat abzuzeichnen.
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