Forschungsteams des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), des Universitätsklinikums Frankfurt/Main und des Leibniz-Instituts für Primatenforschung Göttingen haben die Antikörperantwort von Covid-19-Patienten in Deutschland untersucht. Das Ziel: Neue Erkenntnisse bei Covid-19 über den Zusammenhang zwischen dem Schweregrad des Krankheitsverlaufs und der Immunreaktion zu gewinnen.
Weltweit haben sich bislang mehr als 47 Millionen Menschen mit SARS-CoV-2 infiziert und etwa 1,2 Millionen Menschen verloren im Zusammenhang mit Covid-19 ihr Leben. Der Krankheitsverlauf ist verschieden – während einige Infizierte überhaupt keine Symptome entwickeln, erkranken andere unter Beteiligung unterschiedlicher Organsysteme schwer. Bei knapp zwei Prozent der bestätigten Fälle in Deutschland verläuft die Erkrankung sogar tödlich.
Um wirksame therapeutische Maßnahme entwickeln zu können, ist ein umfassendes Verständnis der Pathogenese von SARS-CoV-2 und der immunologischen Prozesse nötig. Diese könnten auch die unterschiedlichen Krankheitsverläufe erklären. Neben Prozessen der angeborenen Immunantwort sind vor allem zwei Säulen der erworbenen Immunität von zentraler Bedeutung für die Immunabwehr von SARS-CoV-2 – die Bildung von spezifischen Antikörpern (Immunglobulinen), die humorale Immunantwort, die das Virus neutralisieren und inaktivieren kann, und die Bildung spezifischer Immunzellen (T-Zellen), die zelluläre Immunantwort, die infizierte Zellen abtöten kann.
Forschungsteams des PEI um Professorin Barbara Schnierle, Leiterin des Fachgebiets „AIDS, neue und neuartige Erreger“, und Dr. Heinrich Scheiblauer, stellvertretender Leiter des Prüflabors für In-vitro-Diagnostika, haben gemeinsam mit Wissenschaftler*innen des Universitätsklinikums Frankfurt/Main und des Leibniz-Institut für Primatenforschung Göttingen die humorale Immunantwort – die Antikörperbildung – in einer Kohorte von 143 Covid-19-Patienten des Universitätsklinikums Frankfurt/Main charakterisiert.
Das Team wies SARS-CoV-2-spezifische Antikörper mittels Enzym-linked Immunosorbent-Assay (ELISA) nach. Die Neutralisierungsaktivität – also die Fähigkeit der Antikörper, die Anbindung des Virus SARS-CoV-2 an die zellulären ACE2-Rezeptoren und damit die Infektion neuer Zellen zu neutralisieren – wurde mit sogenannten pseudotypisierten lentiviralen Vektoren analysiert. Dabei handelt es sich um vermehrungsunfähige Viruspartikel, die mit dem Spikeprotein des SARS-CoV-2-Virus bestückt sind und wie CoV-2 an die ACE2-Rezeptoren binden können.
Das Ergebnis in puncto Schweregrad: Rund drei Viertel der 143 Covid-19-Patienten hatten eine leichte Erkrankung. Bei älteren Patienten, insbesondere bei Männern, traten jedoch häufiger schwere Fälle auf. Der klinische Schweregrad der Erkrankung war positiv korreliert mit dem Spiegel SARS-CoV-2-neutralisierender Antikörper. Darüber hinaus korrelierten die Spiegel bestimmter Antikörper, die Immunglobuline (Ig) IgG und IgA, die gegen das SARS-CoV-2-Spikeprotein oder die Rezeptorbindungsdomäne (RBD) im Spikeprotein gerichtet waren, mit der Schwere der Erkrankung. Bei den Patienten mit mildem Verlauf wurde eine Abnahme der IgG-Antikörper-Spiegel in später entnommenen Blutproben festgestellt, berichtet das PEI.
Die neutralisierenden Antikörpertiter von Patient*innen mit leichter Erkrankung waren sehr niedrig. Höhere Titer wurden nur bei Patient*innen mit schwerer Erkrankung festgestellt. Somit konnten frühere Beobachtungen, dass die meisten rekonvaleszenten Plasmaproben von Personen, die sich von Covid-19 erholt haben, keine hohe neutralisierende Aktivität aufweisen, bestätigt werden.
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