Ältere Menschen, Personen mit Vorerkrankungen sowie Immungeschwächte gehören zu den Risikogruppen einer Covid-19-Infektion. Doch nicht jeder Patient einer Risikogruppe hat infolge einer Infektion auch die gleichen Symptome oder den gleichen Krankheitsverlauf. Arturo Casadevall, Professor für molekulare Mikrobiologie, Immunologie und Infektionskrankheiten an der Bloomberg School of Public Health und der School of Medicine der Johns Hopkins University sowie Liise-anne Pirofski, Professorin für Medizin und Leiterin der Abteilung für Infektionskrankheiten am Albert Einstein College of Medicine und am Montefiore Medical Center haben fünf Faktoren ausgemacht, die den Verlauf einer Covid-19-Infektion beeinflussen können.
Eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus verläuft bei etwa 80 Prozent der Betroffenen mild bis moderat. In einigen Fällen bleibt die Erkrankung gar unbemerkt. Allerdings sind bei Patienten der Risikogruppen, beispielsweise bei Patienten mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder der Lunge, schwere Krankheitsverläufe zu verzeichnen. Doch auch hier gibt es Unterschiede. Dafür haben Casadevall und Pirofski fünf Faktoren ausgemacht.
Die Anzahl der Viurspartikel
Die Dosis macht das Gift und so ist es auch beim Virus. Wie stark eine Infektion verläuft, hänge laut den Wissenschaftlern von der Zahl der infektiösen Viruspartikel ab. Ist diese gering, sei es wahrscheinlicher, dass das Immunsystem die pathogenen Keime abwehren und in Schach halten kann. Ist dies der Fall, verlaufe die Infektion symptomlos oder nur mit leichten Beschwerden. Eine große Anzahl infektiöser Viruspartikel könne jedoch das Immunsystem überwältigen, da sich die Viren schnell vermehren würden. Die Folge sei eine schwerere Erkrankung.
Genetik
„Auch die Genetik kann die Anfälligkeit für schwere Infektionen beeinflussen“, schreiben Casadevall und Pirofski. Die Viren gelangen mittels Oberflächenproteinen in ihre Wirtszellen. Hier gebe es jedoch von Mensch zu Mensch Unterschiede beispielsweise in der Anzahl und der Beschaffenheit. Fehlt dem Virus der Rezeptor und kann dieser nicht andocken, bleibt die Infektion aus. Für SARS-CoV-2 wird das Angiotensin-Converting-Enzyme 2 (ACE2) als Membran-ständige Aminopeptidase als Rezeptor und somit als Eintrittspforte in die Zellen vermutet. ACE2 ist vor allem auf der Zelloberfläche der Lunge und des Herzens zu finden.
Infektionsweg
Die dritte Variable, die den Krankheitsverlauf beeinflussen könne, sei der Weg des Virus in den Körper. So vermuten die Wissenschaftler einen Unterschied, ob das Virus in Form von aerosolierten Tröpfchen eingeatmet oder durch Berühren kontaminierter Oberflächen und anschließendes Berühren von Nase oder Auge aufgenommen wird. Denn je nach Eintrittspforte werde eine andere Immunabwehr ausgelöst.
Das Virus selbst
Außerdem hänge der Krankheitsverlauf von der Stärke des Coronavirus selbst ab. „Viren unterscheiden sich in ihrer Virulenz – ihrer Fähigkeit, das Wirtsgewebe oder die Immunität zu schädigen – selbst wenn es sich um die gleiche Spezies handelt“, schreiben Casadevall und Pirofski. Veränderungen in seiner genetischen Struktur könnten das Virus schwächen oder auch stärken. So könnten virulentere Stämme zu schwereren Erkrankungen führen.
Immunstatus
Zuletzt sei die Stärke der Erkrankung auch vom persönlichen Immunstatus abhängig. Hierbei spielen frühere Infektionskrankheiten eine Rolle. So könne eine vorangegangene Influenza oder ein grippaler Infekt den Verlauf einer Covid-19-Infektion beeinflussen.
Betrachte man alle fünf Variablen, zeige sich ein komplexes Bild. „Die Virusmenge, unsere Gene, der Infektionsweg, die Vielfalt des Virus und unsere immunologische Vorgeschichte führen zusammen zu Krankheitsverläufen, die von einer asymptomatischen Infektion bis zum Tod reichen können.“ Da diese Parameter von infizierter Person zu infizierter Person stark variieren können, sei es unmöglich vorherzusagen, wie die Infektion verlaufen werde.
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