Blutgerinnsel und daraus resultierende Gefäßverschlüsse gehören zu den Komplikationen einer Covid-19-Infektion. Am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) werden seit dem 23. März 2020 Obduktionen von Covid-19-Verstorbenen durchgeführt. Die sorgfältigen Untersuchungen zeigen in ungewöhnlich vielen Fällen Thrombosen und Lungenembolien.
Das Forscherteam um Professor Dr. Klaus Püschel und Professor Dr. Stefan Kluge vom UKE hat seine Studienergebnisse im Fachmagazin „Annals of Internal Medicine“ veröffentlicht. Die Obduktion der verstorbenen Covid-19-Patienten ermöglicht es, Krankheitsverläufe zu rekonstruieren, die Todesursache festzustellen und Begleiterkrankungen zu erfassen. Die bislang am UKE durchgeführten Obduktionen zeigen, dass fast alle Verstorbenen Vorerkrankungen beispielsweise des Herz-Kreislauf-Systems oder der Lunge sowie des Stoffwechsels aufwiesen.
Allerdings konnten vermehrt Lungenembolien und Thrombosen festgestellt werden. „Wir konnten in der Obduktion der ersten zwölf Verstorbenen nachweisen, dass eine unerwartet hohe Rate an tödlichen Lungenembolien bestand, zusätzlich hatten mehr als die Hälfte der Patientinnen und Patienten Thrombosen der Beinvenen“, sagt der Oberarzt im Institut für Rechtsmedizin und Erstautor der Studie, Professor Dr. Jan Sperhake. Vier der zwölf Patienten verstarben an einer Lungenembolie. Die Autopsie konnte die Vermutung einiger Forscher zunächst wissenschaftlich nachweisen und weitere insgesamt 192 rechtsmedizinische Untersuchungen bestätigten diese.
Den Forschern zufolge scheine SARS-CoV-2 in den Venen zur Bildung von Blutgerinnseln zu führen. Diese können als sogenannte Lungenembolie in die großen Lungengefäße gelangen und zu einem akuten Herz-Kreislauf-Versagen führen. Meist wurden Blutgerinnsel in den unteren Extremitäten der Covid-19-Patienten gefunden.
„Als Konsequenz dieser Studie muss man einfach schließen, dass alle Patienten mit Covid-19 mit Blutverdünnern, mit den sogenannten niedermolekularen Heparinen, behandelt werden sollten.“
Covid-19 und Blutgerinnsel: Ursache unbekannt
Welche Faktoren für die überdurchschnittliche Bildung von Blutgerinnseln bei Covid-19-Patienten verantwortlich sind, ist noch nicht abschließend geklärt. Jedoch bieten die Obduktionsergebnisse Hinweise, um die Patienten besser behandeln zu können. „Wir denken darüber nach, ob diese Patienten nach individueller Risikoeinschätzung primär mit einem Blutverdünnungsmittel behandelt werden sollten, um künftig Thrombosen und Lungenembolien zu vermeiden.“ Allerdings seien weitere Studien nötig.
Hintergrundinfo zu den Obduktionen am UKE: Todesursächlich war stets eine Lungenentzündung mit oder ohne Lungenembolie. Mittlerweile traten aber auch einige viruspositive Sterbefälle mit Covid-19-unabhängiger Todesursache auf. Die Alters- und Geschlechtsverteilung der im Institut für Rechtsmedizin untersuchten 192 Verstorbenen zeigt bisher ein Verhältnis von etwa 44 Prozent Frauen und 56 Prozent Männern. Das Durchschnittsalter der Verstorbenen liegt bei 80 Jahren (Spannweite 31 bis 99 Jahre); bei Männern 77 Jahre und bei Frauen 82 Jahre.
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