Küssen gehört zu den schönsten Dingen im Leben. Ein Kuss trainiert nicht nur etwa 34 Gesichtsmuskeln, sondern macht auch glücklich, weil unser Körper mit Glückshormonen überflutet wird. Und doch sollten wir in Zeiten des Coronavirus besser auf das Küssen verzichten. Oder nicht? Die Antwort liefern Virolog*innen vom Institut für Molekulare Virologie der Uniklinik Ulm. Die Ergebnisse wurden im „Journal of Extracellular Vesicles“ veröffentlicht.
Beim Küssen sorgt ein Hormoncocktail für Glücksgefühle. Schaudern kann es einen jedoch, wenn man bedenkt, dass beim Küssen etwa 80 Millionen Bakterien ausgetauscht werden.
Funfact: Paare, die sich täglich mehr als neunmal küssen, haben eine ähnliche Bakterienbesiedlung der Mundschleimhaut.
Im Speichel können sich aber auch große Mengen an Viren, wie beispielswiese das Zika-Virus und SARS-CoV-2 befinden. Beide Erreger wurden als Zoonosen von Tieren auf den Menschen übertragen. Wie sich die Viren von Mensch zu Mensch übertragen, haben Forschende am Ulmer Institut für Molekulare Virologie untersucht.
Während das neuartige Coronavirus in erster Linie durch Tröpfchen übertragen wird, ist die Gelbfiebermücke der Hauptüberträger des Zika-Virus. Allerdings wurde auch von Übertragungen von Mensch zu Mensch durch Geschlechtsverkehr berichtet. Die Ulmer Virolog*innen konnten in früheren Studien allerdings zeigen, dass extrazelluläre Vesikel in der Samenflüssigkeit den Übertragungsweg Geschlechtsverkehr für Zika-Viren und verwandte Erreger hemmen können. In der aktuellen Studie untersuchte das Team um Professor Jan Münch, Dr. Janis Müller, Rüdiger Groß und Carina Conzelmann, ob ein derartiger Abwehrmechanismus auch bei der Speichelübertragung des Zika-Virus und SARS-CoV-2 aktiv ist.
Coronavirus: Küssen oder nicht?
In Laborexperimenten haben die Virolog*innen menschlichen Speichel mit den Zika-Viren und SARS-CoV-2 infiziert und Zelllinien sowie primäre Mundschleimhautzellen mit dem infektiösen Gemisch in Verbindung gebracht – im Anschluss wurde die Virusmenge in den Zellen gemessen. Das Ergebnis: Eine Zika-Virus-Infektion ist bei hoher Speichelkonzentration nahezu ausgeschlossen. Für SARS-CoV-2 konnte der Effekt nicht nachgewiesen werden.
Extrazelluläre Vesikel als neuer körpereigener Abwehrmechanismus
Die Forscher*innen konnten zeigen, dass das Zika-Virus in der Lage ist, Mundschleimhautzellen zu infizieren. Allerdings ohne Erfolg, denn die Infektion wird durch die körpereigenen extrazellulären Vesikel im Speichel gehemmt. „Die Vesikel sorgen dafür, dass das Zika-Virus nicht an die Zielzelle andocken und diese infizieren kann“, erklären die Erstautoren Carina Conzelmann und Rüdiger Groß. Weil der Abwehrmechanismus auf eine SARS-CoV-2-Infektion keinen Einfluss hat, scheint die Speichelübertragung beim Zika-Virus zwar keine große Rolle zu spielen, möglicherweise aber bei SARS-CoV-2.
Das Fazit: Beim Verdacht einer Coronavirus-Infektion raten die Forschenden vom Küssen ab.
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