Seit mehr als einer Woche läuft die bundesweite Impfkampagne gegen das Coronavirus. Hunderttausende Menschen wurden bereits mit Comirnaty, der Vakzine von BioNTech und Pfizer, geimpft. Trotz der großen Nachfrage möchte nicht jede*r die Schutzimpfung wahrnehmen. Doch darf der/die Arbeitgeber*in dies verlangen und einen Impfzwang festlegen?
Nach monatelangem Warten war es noch vor dem Jahreswechsel soweit: Die ersten Impfungen gegen das neuartige Coronavirus starteten deutschlandweit vor rund einer Woche. Anspruch auf die Impfung haben prinzipiell alle gesetzlich oder privat versicherten Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland haben oder in einem deutschen Krankenhaus oder Pflegeheim behandelt werden. Doch noch stehen nicht ausreichend Impfdosen zur Verfügung, um die gesamte Bevölkerung impfen zu können. Daher wird laut Gesundheitsminister Jens Spahn priorisiert: Zuerst werde denjenigen ein Schutz angeboten, die diesen besonders benötigen und das sind laut dem Minister die über 80-Jährigen in den Pflegeheimen sowie das dort tätige Personal sowie Ärzt*innen und Personal auf Intensivstationen. Diese Personen genießen die höchste Impfpriorität. Nach und nach sollen dann weitere Bevölkerungsgruppen folgen.
Doch selbst wenn genügend Impfstoff zur Verfügung steht, möchten sich manche Menschen nicht impfen lassen. So ist beispielsweise auch unter den PTA die Impfskepsis zum Teil groß, wie eine aposcope-Umfrage im Dezember 2020 zeigte. Aber dürfen Arbeitnehmer*innen auf die empfohlene Impfung verzichten oder darf der Arbeitgeber einen Impfzwang festlegen?
Freiwillige Immunisierung: Kein Impfzwang durch den Arbeitgeber
In der Corona-Impfverordnung ist geregelt, dass die Inanspruchnahme der Impfung jedem Menschen selbst überlassen ist, eine gesetzlich vorgeschriebene Impfpflicht besteht nicht – auch nicht für bestimmte Bevölkerungsgruppen. Das bedeutet, dass der/die Arbeitgeber*in den Angestellten keinen Impfzwang auferlegen darf. Außerdem kann der/die Chef*in „keine Maßnahmen gegen diejenigen ergreifen, die nicht geimpft sind oder es nicht vorhaben“, heißt es vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Eine Kündigung wegen einer nicht vorhandenen Corona-Impfung ist folglich nicht zulässig.
Ebenfalls dürfen Arbeitgeber*innen ihren Beschäftigten nicht den Zugang zum Betrieb verweigern, wenn diese keine Corona-Schutzimpfung haben. Denn laut DGB verbietet „das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot aus § 612a BGB nicht nur die Benachteiligung von Beschäftigten, welche in zulässiger Weise ihre Rechte (z.B. Anspruch auf Schutzimpfung) ausüben, sondern erst recht auch den umgekehrten Fall der Benachteiligung von Beschäftigten, welche ihren Anspruch (auf Schutzimpfung) freiwillig nicht wahrnehmen wollen.“ Bestehen Arbeitgeber*innen dennoch auf eine Impfung und verwehren Mitarbeiter*innen den Zugang zur Betriebsstätte, gilt in der Regel Annahmeverzug. „Bieten Beschäftigte ihre Arbeit ansonsten ordnungsgemäß an, muss der Arbeitgeber die Vergütung dennoch zahlen“, so der DGB.
Keine Corona-Impfung = Nachteile im Beruf?
Einen Impfzwang darf der/die Arbeitgeber*in somit zwar nicht festlegen. Allerdings dürfen Vorgesetze von ihren Angestellten ein „pandemiekonformes Verhalten“ verlangen, betonen Arbeitsrechtsexpert*innen. Das gilt insbesondere für Pflegekräfte oder medizinisches Personal, bei denen der Kontakt mit Risikopatient*innen Teil ihres Berufes ist. Denn laut Infektionsschutzgesetz haben Einrichtungen wie Pflegeheime, Krankenhäuser und Arztpraxen die Pflicht, die Verbreitung von Krankheitserregern zu verhindern. So kann der/die Chef*in unter Umständen Konsequenzen ziehen, wenn Mitarbeiter*innen ihrer Arbeit nicht mehr wie gewohnt nachgehen können, weil sie eine Impfung verweigern – zum Beispiel, wenn der Patientenkontakt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist. Hier komme es Expert*innen zufolge jedoch immer auf den Einzelfall an.
Wichtig: Nachteile können Arbeitnehmer*innen, die eine Impfung verweigern, auch entstehen, wenn sie in eine behördliche angeordnete Quarantäne müssen und dadurch einen Verdienstausfall erleiden. Denn ihr Recht auf eine Entschädigung kann laut DGB entfallen, wenn die Quarantäne durch eine Impfung hätte vermieden werden können.
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