Chef:innen dürfen Bewerber:innen nicht googeln – oder?
Ob sich Bewerber:innen als potenzielle neue Mitarbeiter:innen eignen, soll anhand von Bewerbungsunterlagen und persönlicher Gespräche deutlich werden. Dennoch versuchen einige Chef:innen, sich ein möglichst umfassendes Bild über Kandidat:innen zu verschaffen. Und dabei kommt auch das Internet ins Spiel. Doch das Googeln von Bewerber:innen ist tabu – oder?
Qualifikationen, berufliche Stationen, Bewertungen der Arbeitsleistung und Co.: Aus den Bewerbungsunterlagen gehen zahlreiche Informationen über potenzielle neue Mitarbeitende hervor. Doch diese sind in der Regel auf berufliche Aspekte beschränkt. Einige Chef:innen möchten daher noch mehr erfahren und googeln Bewerber:innen kurzerhand. Tun sie dies, kann es sich dabei jedoch um einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) handeln.
Der Grund: Durch die Google-Suche werden personenbezogene Daten verarbeitet. Dies ist gemäß § 26 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz zwar zulässig, wenn es für die Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich und angemessen ist. Laut Artikel 6 DSGVO kann dafür jedoch das Einverständnis der betroffenen Person erforderlich sein. Hinzukommt, dass wenn überhaupt nur berufsbezogene Informationen ermittelt werden sollten. Private beziehungsweise persönliche Informationen unterliegen dagegen dem Persönlichkeitsrecht.
Bewerber:innen googeln: Information ist Pflicht
Doch auch wenn eine Online-Recherche über Kandidat:innen unter Umständen zulässig sein kann, wie ein Urteil zeigt, ist die Informationspflicht zu beachten. Diese ist in Artikel 14 DSGVO geregelt und gilt auch für Chef:innen, wenn sie Bewerber:innen googeln und damit Informationen über sie von außen einholen.
Das bedeutet, der/die Chef:in muss potenzielle neue Mitarbeiter:innen darüber informieren, wer genau die Daten erhoben hat, zu welchem Zweck und in welche Kategorie die jeweiligen Informationen fallen. Ein bloßer Hinweis auf Hinweise für die Einstellungsentscheidung genügt dabei nicht. Stattdessen muss deutlich werden, welche genauen Kriterien abgefragt wurden. Die Information muss zudem spätestens innerhalb eines Monats oder bei erstmaliger Kontaktaufnahme mit dem/der Betroffenen erfolgen. Bleibt dies aus, können Bewerber:innen bei der zuständigen Aufsichtsbehörde Beschwerde einlegen und gemäß Artikel 82 DSGVO Anspruch auf Entschädigung bestehen.
Mehr noch: Finden Bewerber:innen heraus, dass der/die Chef:in sie gegoogelt hat und sie womöglich aufgrund der dadurch erlangten Informationen abgelehnt hat, können sie mitunter Schadenersatz wegen Diskriminierung geltend machen. Beispielsweise wenn ihre religiöse oder politische Einstellung, ihr Beziehungsstatus oder andere persönliche Aspekte nachweislich Grund für die Ablehnung waren.
Mehr aus dieser Kategorie
Wohnkosten: Mietzuschuss und Co. für PTA
Das PTA-Gehalt liegt hierzulande weit unter dem Durchschnitt und ermöglicht keine „großen Sprünge“. Vor allem die Wohnkosten nehmen meist einen …
Wirkstoffangabe bei FAM: Entscheidung vertagen ist besser als ablehnen
Im Januar hatte der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht über die Wirkstoffangabe bei Fertigarzneimittelverschreibungen mittels Praxisverwaltungssystem diskutiert. Doch eine Empfehlung haben die …
Herzinfarkt: Streit im Team als Arbeitsunfall?
Auch wenn Teamwork in der Apotheke unverzichtbar ist, ist zwischen den Kolleg:innen immer alles „eitel Sonnenschein“. Denn mitunter gehen die …