In die Reiseapotheke gehören unter Umständen auch Betäubungsmittel (BtM). Wer auf Reisen geht, sollte nicht nur den benötigten Bedarf im Gepäck haben, sondern auch die nötigen Papiere und Anträge.
Es ist Ferien- und somit Reisezeit. In die Reiseapotheke gehören nicht nur Präparate für den Fall der Fälle, sondern auch die Dauermedikation. Und die kann mitunter aus BtM sowie Substitutionsmitteln (die ja zu den BtM zählen) bestehen. Zwar ist es in den meisten Ländern gestattet, entsprechende Arzneimittel einzuführen, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Welche Arzneimittel sind betroffen?
BtM der Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz (BtMG), die durch den behandelnden Arzt zu medizinischen Zwecken verschrieben werden können.
Gemäß den Bestimmungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) darf ein Arzt einem Patienten BtM in angemessener Menge verschreiben. Der Patient darf wiederum die ihm verordneten BtM, in der für die Reisedauer entsprechenden Menge als Reisebedarf aus- oder auch einführen.
Achtung: Die Mitnahme von BtM durch eine beauftragte Person ist nicht zulässig, weil BtM nur für den eigenen Bedarf mitgeführt werden dürfen. Grundlage sind hier das BtMG in Verbindung mit der Betäubungsmittel-Außenhandelsverordnung (BtMAHV).
BtM in der Reiseapotheke bei Reisen in Schengen-Staaten
Reisende in die Mitgliedsstaaten des Schengener Abkommens dürfen bei Reisen für bis zu 30 Tage den entsprechenden Bedarf ärztlich verschriebener BtM mit sich führen. Voraussetzung ist eine vom behandelnden Arzt ausgefüllte Bescheinigung nach Artikel 75 des Durchführungsübereinkommens, die mitzuführen ist. Das Dokument kann auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) heruntergeladen werden und enthält unter anderem Daten zum verschreibenden Arzt, dem Patienten und dem verschriebenen Arzneimittel inklusive Wirkstoff, Wirkstoffmenge, Gebrauchsanweisung und Reichweite der Verschreibung.
Schengen-Staaten: (zur Zeit) Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn
Die Bescheinigung muss vor Reiseantritt durch die oberste Landesgesundheitsbehörde oder eine von ihr beauftragte Stelle beglaubigt werden. Grundlage ist hier die ärztliche Verschreibung. Die Bescheinigung ist maximal 30 Tage gültig.
Achtung: Für jedes verschriebene BtM ist eine gesonderte Bescheinigung erforderlich.
In den einzelnen Bundesländern sind unterschiedliche Behörden für die Beglaubigung zuständig. In Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Schleswig-Holstein sind die einzelnen Gesundheitsämter zuständig. In Berlin übernimmt das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) die Beglaubigung – in Brandenburg das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit – Abteilung Gesundheit in Zossen, in Bremen die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit der Freien Hansestadt Bremen und in Hamburg das Fachamt beziehungsweise Dezernat Gesundheit beim Bezirksamt.
In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen übernehmen die Kreise und kreisfreien Städte die Beglaubigungen. In Thüringen kümmert sich das Landesamt für Verbraucherschutz, in Sachsen-Anhalt das Landesverwaltungsamt in Halle (Saale).
Reisen außerhalb des Schengener Raums
Wer nicht in einen Vertragsstaat des Schengener Abkommens reist, muss die im Urlaubsland sowie im Transitland geltenden Vorschriften beachten und die Rechtslage abklären. International harmonisierte Bestimmungen gibt es nicht. Daher rät die Bundesopiumstelle, sich an den Leitfaden des Internationalen Suchtstoffkontrollamtes (INCB) zu halten. Demnach sollten sich Patienten eine mehrsprachige Bescheinigung vom Arzt ausstellen lassen, die Informationen zu den Einzel- und Tagesdosierungen, der Wirkstoffdosierung und der Reisedauer enthält. Auch dieses Dokument ist von der zuständigen Behörde zu beglaubigen und im Reisegepäck mitzuführen.
Wichtig: Einige Länder verlangen zusätzliche Importgenehmigungen, verbieten die Einfuhr bestimmter Wirkstoffe oder schränken die Menge ein. Sollte die Mitnahme der benötigten BtM nicht möglich sein, sollten sich Patienten vor Reiseantritt erkundigen, ob die Präparate im Urlaubsland verfügbar sind und ein dort ansässiger Arzt diese verordnen kann. Ist auch dies nicht möglich, kann die Mitnahme durch eine Ein- und Ausfuhrgenehmigung in Einzel- und Ausnahmefällen realisiert werden. Diese muss bei der Bundesopiumstelle beantragt werden und durchläuft ein sehr umfangreiches Verfahren.
BtM in der Reiseapotheke: Sonderfall Substitutionsmittel
Für Substitutionsbehandlungen opioidabhängiger Patienten werden Methadon, Levomethadon und Buprenorphin eingesetzt. Die Wirkstoffe unterliegen dem Betäubungsmittelrecht. Der Arzt kann, wenn den Vorschriften des Urlaubslandes entsprochen wird, Substitutionsmittel für die Reisedauer verordnen – maximal für 30 Tage.
Das Mitführen bestimmter Substitute ist jedoch bei der Einreise in einige Länder verboten oder mit besonderen Auflagen versehen. Daher sollte sich der Patient vor Reiseantritt bei der jeweils zuständigen diplomatischen Vertretung des Reiselandes in Deutschland erkundigen.
Außerdem ist darauf zu achten, dass die Fortführung einer Substitutionsbehandlung durch einen Arzt im Ausland nicht in allen Ländern erlaubt beziehungsweise aufgrund hoher bürokratischer Hürden kaum realisierbar ist. So ist beispielsweise laut Institut zur Förderung qualitativer Drogenforschung, akzeptierender Drogenarbeit und rationaler Drogenpolitik (INDRO) in Russland die Einfuhr von Substitutionsmitteln verboten und die Weiterbehandlung nicht möglich – ebenso in Singapur und den Vereinigten Arabischen Emiraten. In Hongkong sind Einfuhr und Weiterbehandlung mit Methadon und Buprenorphin möglich – ebenso in den USA.
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