Dass L-Thyroxin am Morgen nüchtern – mindestens eine halbe Stunde vor dem Frühstück – unzerkaut mit Leitungswasser eingenommen werden soll, ist bekannt. Denn Arzneimittel und Lebensmittel können die Resorption des Wirkstoffes beeinflussen. Jetzt soll die Produktinfo von L-Thyroxin um Hinweise zu Biotin, PPI und Johanniskraut erweitert werden.
Aluminiumhaltige magensäurebindende Arzneimittel, eisenhaltige Medikamente und Calciumcarbonat können bei gleichzeitiger Gabe die Resorption von L-Thyroxin vermindern – es bilden sich schwerlösliche Komplexe. Daher sollte L-Thyroxin mindestens zwei Stunden vorher eingenommen werden. Aber nicht nur polyvalente Kationen, sondern auch Kaffee und Sojapräparate können die Resorption des Arzneistoffes stören.
L-Thyroxin und Biotin
Wie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) in einer aktuellen Drug Safety Mail informiert, kann die Einnahme von Biotin fälschlicherweise erhöhte oder erniedrigte Ergebnisse verursachen, und zwar dann, wenn Immunoassays zum Einsatz kommen, die auf einer Interaktion zwischen Biotin und Streptavidin basieren.
Streptavidin besitzt eine hohe Bindungsaffinität zu Vitamin H. So kann jede der vier Streptavidin-Untereinheiten ein Biotin-Molekül fest an sich binden. In Abhängigkeit von der Untersuchungsmethode sind falsch erniedrigte oder falsch erhöhte Untersuchungsergebnisse möglich. So können beispielsweise Ergebnisse von Schilddrüsenuntersuchungen, die scheinbar auf Morbus Basedow hinweisen, bei asymptomatischen Patient:innen, die Biotin einnehmen, auftreten. Möglich sind aber auch falsch negative Troponintestergebnisse bei Patient:innen mit Herzinfarkt, die das B-Vitamin substituieren.
Das Risiko verfälschter Ergebnisse steigt mit der Dosis von Biotin, wie die AdkÄ informiert. Werden die verfälschten Testergebnisse beispielsweise zur Anpassung der L-Thyroxin-Dosis verwendet, könne eine unangemessene Patientenbehandlung die Folge sein. Daher sind für L-Thyroxin-haltige Arzneimittel Änderungen der Produktinformation in puncto Biotin geplant:
- Patient:innen sollen vor einem Schilddüsenfunktionstests nach der Einnahme von Biotin gefragt werden.
- Patient:innen sollten Ärzt:innen oder Laborpersonal über die Einnahme von Biotin informieren.
- Bei der Interpretation der Testergebnisse sollte eine mögliche Interferenz mit Biotin bedacht werden.
- Nehmen die Patient:innen Biotin ein, sollte das Labor darüber informiert werden und gegebenenfalls ein alternativer Test zur Bestimmung des Schilddrüsenstatus zum Einsatz kommen.
Vorsicht auch bei PPI und Johanniskraut
Außerdem sind weitere Änderungen der Produktinformationen geplant.
- Johanniskraut: reduzierte Serumkonzentration von L-Thyroxin möglich.
- Protonenpumpeninhibitoren (PPI): verringerte Absorption von Schilddrüsenhormonen möglich. Die Schilddrüsenfunktion soll regelmäßig überwacht und wenn nötig angepasst werden. Vorsicht ist auch beim Absetzen von PPI geboten.
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