Besser keine Betablocker für Frauen?
Betablocker gehören zu den meistverordneten Wirkstoffen. Sollen diese zur Behandlung nach einem Herzinfarkt eingesetzt werden, um Herzrhythmusstörungen und Komplikationen vorzubeugen, ist jedoch Vorsicht geboten. Denn bei Frauen können Betablocker nach einem Herzinfarkt mitunter mehr schaden als nutzen.
Neben der Behandlung von Bluthochdruck sind Betablocker auch zur Prophylaxe weiterer kardiovaskulärer Ereignisse nach einem Herzinfarkt angezeigt. So heißt es in der Nationalen Versorgungsrichtlinie Chronische koronare Herzkrankheit: „Patient:innen nach Herzinfarkt sollte für ein Jahr ein Betarezeptorenblocker empfohlen und dann die weitere Gabe bzw. das Absetzen reevaluiert werden.“ Denn zu den entsprechenden Wirkstoffen liege im Bereich der Sekundärprävention die beste Datenlage zur Sterblichkeit sowie zum Wiederauftreten des Ereignisses nach Herzinfarkt vor. Doch: „Ein Jahr nach Herzinfarkt besteht aus Sicht der Leitliniengruppe keine eigenständige Indikation für einen Betarezeptorenblocker“, heißt es weiter. Daher auch die Empfehlung zur Neubewertung nach einem Jahr.
Nun zeigt sich: Nicht für alle Patient:innen ist die Behandlung angezeigt. So können Betablocker besonders für Frauen nach einem Herzinfarkt zur Gefahr werden. Denn bei ihnen erhöht sich das Sterberisiko.
Betablocker blockieren die Beta-1- und Beta-2-Rezeptoren, indem sie antagonistisch an die Rezeptoren binden und somit die Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin hemmen. Außerdem können sie die Freisetzung von Insulin sowie den Abbau von Glykogen einschränken, was Einfluss auf den Blutzuckerspiegel hat.
Die Studie
Das ist das Ergebnis neuer Daten der klinischen REBOOT-Studie des spanischen Centro Nacional de Investigaciones Cardiovasculares (CNIC). Dabei zeigten sich erstmals deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wirkung von Betablockern nach Herzinfarkten, die die bisher bewährten Behandlungsmethoden infrage stellen. So wurde als zentrales Ergebnis festgestellt, dass Frauen nach einem Herzinfarkt eine schlechtere Prognose haben, wenn sie mit Betablockern behandelt werden.
In der Untersuchung wurden rund 8.500 Patient:innen aus Krankenhäusern in Spanien und Italien berücksichtigt, von denen die Hälfte nach einem Herzinfarkt mit Betablockern behandelt wurde, die andere Hälfte dagegen nicht. Die Nachbeobachtungszeit lag im Mittel bei knapp vier Jahren.
Keine Betablocker für Frauen zur Infarktprophylaxe
Das Ergebnis: Generell zeigten sich unter der Behandlung mit Betablockern keine signifikanten Vorteile gegenüber Patient:innen ohne Behandlung – zumindest bei Männern. Bei Frauen zeigte sich stattdessen sogar ein negativer Effekt durch die Therapie. Sie wiesen demnach ein deutlich höheres Risiko für Tod, erneuten Herzinfarkt oder Krankenhausaufenthalt wegen Herzversagen auf, wenn sich ihre Herzfunktion nach dem ersten Herzinfarkt wieder stabilisiert hatte und sie mit Betablockern behandelt wurden. Diese wurden weiblichen Patientinnen zudem häufiger verschrieben, andere Optionen wie ACE-Hemmer, Thrombozytenaggregationshemmer oder Statine dagegen seltener.
„In vielen Fällen kann die Verschreibung von Betablockern an Frauen nach einem unkomplizierten Herzinfarkt mehr schaden als nützen“, warnen die Forschenden und fordern, Nutzen und Risiken vor der Behandlung sorgfältig abzuwägen sowie gegebenenfalls eine Dosisanpassung und/oder alternative Therapien in Betracht ziehen.
Außerdem lautet der Appell, bei der Herzinfarktprophylaxe anstelle einer Einheitstherapie geschlechtsbedingte Unterschiede im Blick zu behalten. „Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Bedeutung einer personalisierten Therapie nach einem Herzinfarkt.“
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