Bei längerer Krankheit: Kein Anspruch auf Eingliederungsmanagement?
Ob ein gebrochener Arm, Burnout oder Langzeitfolgen nach einer Corona-Erkrankung: Es gibt viele Gründe, warum Beschäftigte krankheitsbedingt auf der Arbeit länger ausfallen. Damit daraus nicht direkt eine Kündigung resultiert, gibt es das sogenannte betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). Arbeitgeber:innen sind dazu sogar verpflichtet. Aktiv einfordern können Arbeitnehmer:innen dieses jedoch kaum.
Der Reihe nach. Das BEM ist im Neunten Buch Sozialgesetzbuch verankert. „Dort ist festgelegt, dass ein Arbeitgeber alle Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein BEM anzubieten hat“, informiert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Das gilt unabhängig von der jeweiligen Erkrankung. Wozu das Ganze? Die Maßnahme soll dazu dienen, Arbeitnehmer:innen mit gesundheitlichen Problemen zu ermöglichen, ihren Job weiter auszuüben. Ziel ist es, einerseits weitere krankheitsbedingte Ausfälle zu vermeiden und andererseits eine Kündigung zu verhindern. Insbesondere in Zeiten von Fachkräftemangel sei dies laut BMAS ein wichtiges Thema, „um das krankheitsbedingte Ausscheiden von Beschäftigten zu verhindern.“
Bevor sie betroffene Mitarbeiter:innen entlassen, sind Chef:innen also zum BEM verpflichtet. Wie das aussieht, ob beispielsweise ein anderes Aufgabengebiet oder eine Versetzung notwendig sind, entscheidet sich je nach Betrieb. Aber können Arbeitnehmende ein BEM auch aktiv einfordern? Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) befasst.
Geklagt hatte ein Angestellter mit einem Behinderungsgrad von 30, der in zwei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig war. Er forderte von seinem Arbeitgeber anschließend ein BEM. Der Chef verweigerte dies jedoch und verwies darauf, den Beschäftigten früher bereits einmal in einen anderen Tätigkeitsbereich versetzt zu haben, sodass seine Pflicht damit erfüllt sei. Dem stimmten die Richter:innen des Bundesarbeitsgerichts zu.
Ihnen zufolge sei das BEM „ein rechtlich regulierter verlaufs- und ergebnisoffener ‚Suchprozess‘, der individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeit ermitteln soll.“ So sieht es § 167 Abs. 2 SGB IX vor. Der Haken: Die gesetzliche Regelung „schreibt weder konkrete Maßnahmen noch einen bestimmten Verfahrensablauf vor. Aus dem Gesetz lassen sich lediglich gewisse Mindeststandards ableiten“, heißt es in der Erklärung der Richter:innen. „Entsprechende Rechte und Aufgaben sieht die gesetzliche Regelung für die betroffenen Arbeitnehmer nicht vor.“ Folglich gebe es „keinen Individualanspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf Einleitung und Durchführung eines BEM“, auch wenn dafür alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Ein aktives Einfordern eines BEM dürfte damit schwierig werden.
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