Für einige Baclofen-haltige Arzneimittel gibt es neue Warnhinweise. Die Fach- und Gebrauchsinformationen müssen entsprechend angepasst werden. Genau droht unter der Behandlung mit Baclofen eine Beeinträchtigung der Gehirnfunktion – zumindest vorübergehend.
Bei Baclofen handelt es sich um ein Derivat der Gamma-Aminobuttersäure. Der Wirkstoff bildet einen spezifischen Agonist an GABA-Rezeptoren und wirkt zentral als Muskelrelaxans. Eingesetzt wird Baclofen unter anderem zur Behandlung einer Spastizität der Skelettmuskulatur bei Multipler Sklerose, Rückenmarkserkrankungen oder -verletzungen sowie bei Spastizität zerebralen Ursprungs, denn der Wirkstoff hemmt die unkontrollierte Erregung in den Nervenzellen und wirkt somit dämpfend und antispastisch. Die Anwendung kann oral, als Infusion oder intrathekale Injektion erfolgen.
Doch es ist Vorsicht geboten, denn unter Baclofen-Tabletten kann es zu einer Beeinträchtigung der Gehirnfunktion (Enzephalopathie) kommen, sodass für orale Anwendungsformen bei Spastizität der Skelettmuskulatur neue Warnhinweise in die Fach- und Gebrauchsinformationen aufgenommen werden müssen, informiert das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Grundlage ist ein Beschluss der zuständigen Koordinierungsgruppe der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), der auf eine Untersuchung des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz zurückgeht.
Baclofen kann Gehirnfunktion vorübergehend beeinträchtigen
Eine Enzephalopathie kann sich demnach unter anderem in Schläfrigkeit, Benommenheit, Verwirrtheit, Muskelzuckungen, Atemdepression, Tinnitus bis hin zu Koma äußern. Dabei handelt es sich um eine reversible Nebenwirkung, sodass sich die Gehirnfunktion nach dem Absetzen wieder normalisiert. Patient:innen, die Anzeichen einer Enzephalopathie aufweisen, sollten umgehend ärztlichen Rat einholen und ein Ende der Therapie in Betracht ziehen. Denn letztere kann außerdem ein Anzeichen für das Auftreten einer generalisierten Verlangsamung des Elektroenzephalogramms (EEG) sein, die außerdem durch eine Depression des Zentralnervensystems deutlich wird.
Wie häufig die Nebenwirkungen auftreten, ist bisher nicht bekannt beziehungsweise abzuschätzen. Die Expert:innen der EMA halten einen Zusammenhang mit der Einnahme von Baclofen-haltigen Arzneimitteln auf Basis der bisher zur Verfügung stehenden Daten sowie im Hinblick auf einen plausiblen Wirkmechanismus jedoch zumindest für eine begründete Möglichkeit, sodass Patient:innen entsprechend informiert werden sollen.
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